Seals All Over

Ein Studienfreund von mir, der zur Zeit in England an einer Schule unterrichtet und – wie ich – über seine Ausland-Erlebnisse blogt (hier der Link zum Blog) hat vor einiger Zeit damit begonnen, „Short Stories“ auf seinen Blog zu stellen. So nennt er die Kurzzusammenfassungen seiner eigentlichen Blogeinträge. Die wurden notwendig, weil sich seine Leserschaft offenbar über die Länge und den Rhythmus seiner Artikel beklagte und mit Lesen nicht mehr mitkam. Nun, ich habe bis jetzt noch keine solchen Complaints erhalten und schreibe mir hier deshalb nach Lust und Laune die Finger wund, bis mir mal einer sagt, etz längts! Schliesslich soll man die Feste feiern wie sie fallen, und die Blogs bloggen wie sie blubbern, oder so ähnlich.

Auf meiner Reise durch Südkalifornien bin ich noch immer nicht dort, wo ich eigentlich sein sollte. Ich bin nämlich eigentlich noch gar nicht in Südkalifornien. Die Autos hier schmücken sich mit „NOR CAL“ Klebern und geben Eindringlingen aus dem Süden unmissverständlich zu verstehen, dass das hier noch nichts mit dem Süden zu tun hat. Angekommen bin ich heute Abend in Cambria, einer kleinen, wie mir scheint steinreichen und schmucken Ortschaft etwas südlich vom berühmten Big Sur-Küstenabschnitt, einem der Highlights auf der Fahrt entlang dem Highway 1, dem „Pacific Highway“. Eigentlich hätte ich gestern schon hier sein wollen. Aber, die kalifornische Küstenlandschaft gefällt mir zu gut, um hier einfach so schnell wie möglich durchzurasseln. Also habe ich das Tempo gedrosselt und nehms ein wenig gemächlicher.

Gestartet bin ich heute morgen in Monterey, einem kleinen Städtchen, das um 1770 von spanischen Entdeckern gegründet wurde und mit Brauereien, Restaurant-Zeilen und dem Meeresbiologischen Institut der Stanford University protzt. Auf meinem Spaziergang entlang der Pazifik-Küste habe ich zudem ein paar kalifornische Kondore gesehen, die tieffliegend ihre Kreise zogen…

Erst auf den zweiten Blick ist mir aufgefallen, dass die unbeweglichen schwarz-braun-grauen Flecken auf dem Strand vor dem Stanford Institut keine Steine, sondern Seehunde sind. Dutzende lagen da herum, und warteten wie ich auf die durchbrechende Sonne…

In Monterey bog ich auf den Highway 1 ein und genoss die kurvige Fahrt südwärts entlang der schroffen Pazifik-Küste…

Halt machte ich in der Henry Miller Memorial Library. Zwar hatte ich noch nie von Henry Miller gehört (das ist offenbar ein amerikanischer Autor, der sich im 20ten Jahrhundert mit Büchern wie „Black Spring“ auf die Zensurlisten der Vereinigten Staaten schrieb, bis er in den Sechziger Jahren für den Nobel Preis nominiert wurde und die Amis einsehen mussten, dass vielleicht doch mehr in Miller’s Büchern steckt als nur zensur-würdige Phrasen), aber die Idee einer Bibliothek inmitten der dichten Redwood Wälder an der Pazifik-Küste gefiel mir. Die Bibliothek selbst ist eher ein Buchladen mit angrenzendem Park, in dem es neben ein paar Akt-Statuen auch dieses Computer-Kreuz zu sehen gibt. Ich nenne es „electric J“, oder „Jesus on wires“; schliesslich zählt gerade in moderner Kunst, was überall sonst auch zählt: branding is everything! In der „Bibliothek“ habe ich mir eines von Miller’s Büchern und Jack Kerouac’s „On The Road“ gekauft: zwei Exemplare mehr für meine ganz persönliche Rollkoffer-Library…

Halt machte ich auch im Julia Pfeiffer State Park, von dessen Spazierwegen man einen herrlichen Ausblick hinunter in eine türkis-farbene Meeresbucht hat. Auf dem Bild links sieht man den Wasserfall, der sich auf den Strand hinunter und ins Meer hinein ergiesst. Fast schon verschwenderisch in einer Region, in der man in den Jugendherbergen Dusch-Coupons erhält (8 Minuten pro Gast und Tag), weil es hier anscheinend überall an Süsswasser mangelt…

Und dann kam ich am Point Piedras Blancas vorbei, an dem ausser mir niemand Halt machen wollte. Das heisst, doch. Da waren schon ein paar andere; geschätzte hundertfünfzig See-Elefanten, die ich während rund zwei Stunden fasziniert beobachtete, bis die Sonne unterging und ich nichts mehr sehen konnte. Es war fantastisch. Wildlife, das habe ich gelernt, ist dann am schönsten, wenn man „ihm“ unerwartet und alleine begegnet, ganz ohne geführte Walking-Tours und erklärende Ranger. Wilde Tiere mit Respekt und ganz für sich geniessen zu können, ob in Kayaks, auf Wanderungen oder, wie hier, am Strassenrand, das „gfaut mier“…

Dieser Bulle schien zuerst ganz friedlich. Als er dann aber aufwachte und sich die Augen kratzte, schien ihn irgendwas zu stören. Jedenfalls „stellte“ er sich auf und begann laut zu brüllen…

Die Jungtiere beeindruckte das nicht. Sie scheinen sich ans Geschrei gewöhnt zu haben. Die Meeresbiologen hier nennen die fetten kleinen Kerle „weaner“. Jungtiere, die nicht nur von ihrer eigenen Mutter gesäugt werden, sondern auch bei fremden Müttern andocken und deshalb besonders schnell fett werden, nennen sie „double weaner“, was für mich eher nach Fast Food als nach Wildtier tönt. Anyway…

Unter dem Titel „die Schöne und das Biest“ liess sich dieses Paar wohl gut vermarkten. Ihr schien der ganze „Akt“ nicht ganz so viel Spass zu machen wie ihm (das Problem gibts also auch im Tierreich). Sie tat das mit lautem Schreien kund. Doch See-Elefanten sind Anti-Emanzen. „Lay back and think of England“ ist hier noch immer die historisch überlieferte Devise…

Dieser Kerl wagte sich aus dem Meer kommend ans Harem des Herrn auf den vorangehenden Bildern. Das wurde nicht goutiert, wie man sich hier in einem dreiminütigen Live-Mitschnitt ansehen kann…

Bes bald ond macheds guet…

Werbung
Dieser Beitrag wurde unter California, Seal veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten zu Seals All Over

  1. Hi there Samuel!

    I have tried to just understand what you write from my own head. It doesn’t work to well, I can kinda get the themes of what you are talking about. After that I tried to translate it myself, one sentence/word at a time. I can get most of it if i do that. But it takes forever! So I had to give up around the seals and go back to google translate. Google translate works just fine to get what it’s all about, but I’m trying to learn some of your language by translating myself. We’ll see how that goes later.

    I’m kinda jealous, I wish I didn’t break up my trip so I only got three weeks in the US. But nothing to do about that now. Seems like my friend won’t get to save enough money for Thailand though, so I might travel Europe instead. Maybe I will visit Switzerland as well! Time will show. My friend said he might travel the mountains with me instead, I hope that will work out!

    Anyway, I just wanted to drop off a little comment since we, at least in my opinion, had such an awesome time when we were hanging out.

    I also put my blog into the website box here. I know I told you I hadn’t updated it in a long time, which was true, but I kinda got some writers itch a couple of times and updated it. So if you want to take a look, it’s there. If not, well, it’s still there!XD

    I wish you luck for the rest of your trip as well, I will follow you!

  2. BARBI schreibt:

    hallo samuel
    lass nur und schreib weiter so viel und so lange du noch magst. ich freue mich auf alle spannenden berichte und auf alle soooooo schönen bilder.
    einfach super wie du das hinkriegst.
    heute abend treffen wir uns bei mère zu ihrem geburtstag. dir wünsche ich ein schönes wochenende…… sofern du überhaupt noch weisst was das ist!!!!
    BARBI

  3. Ursula schreibt:

    Hoi Samuel
    Hei, sind die niedlich und super fotografiert 🙂
    Deine Berichte sind sehr spannend und lesen sich als Tages-, Nachmittags- oder Bettlektüre sehr gut. Also, nichts kürzen oder weglassen.
    Liebe Grüsse
    Ursula

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s