Mojave

6’211 Quadratkilometer gross ist das Mojave National Preserve. Kaum jemand nimmt die Region als Reiseziel wahr. Nicht einmal jetzt, wo eigentlich Hochsaison wäre. Dass man 6’211 Quadratkilometer für sich alleine hat (ich habe in meinen zwei Tagen in der Wüste drei andere Wanderer, zwei Hunde, ein Ranger-Team und ein paar leerstehende Wohnwagen gesehen), ist purer Luxus. Einsamkeit, Ruhe, Freiheit und Abgeschiedenheit habe ich mir erhofft. Enttäuscht hat sie mich nicht, die Wüste. Und trotzdem, totale Freiheit wollte ich in diesem so einsamen und nicht ganz ungefährlichen Gelände nicht riskieren. Vor allem nicht, nachdem ich vor ein paar Tagen den Film „127 Hours“ gesehen habe, der die Geschichte von Aron Ralston erzählt. Aron verunfallte bei einem Wandertrip in einem Slot-Canyon im südlichen Utah, steckte zwischen einem Felsbrocken und der Felswand fest und amputierte sich nach über fünf verzweifelten Tagen mit einem stumpfen Taschenmesser seinen rechten Arm, um aus seiner misslichen Lage freizukommen. Er hatte niemandem erzählt, wo er hinging, und überlebte nur ganz knapp. Nicht, dass ich riskante Klettertrips geplant hätte, aber, man weiss ja nie. Jedenfalls legte ich im Voraus fest, wann ich in Mojave was unternehme, und simste meine Pläne an Glenn. Bis heute um Mitternacht hatte ich Zeit, mich wieder bei ihm zu melden. Falls er nichts von mir hörte, würde er dem Natinal Park Service und Notfalls bei 911 anrufen. Das haben wir vor meiner Abreise so vereinbart. Übertrieben? Mag sein. Und doch gibt einem das als Solo-Hiker in der weiten Wüste eine gewisse Sicherheit.

Anyway, trotz Klapperschlangen, felsigen Kletterwegen und gleissender Sonne; ich habs überlebt und in vollen Zügen genossen. Gestartet bin ich mit dem Teutonia Peak Trail, der auf sechs Kilometern durch den weltweit grössten Joshua-Tree Wald auf einen riesigen Felsen hinaufführt, von wo aus man einen fantastischen Ausblick auf die Umgebung hat.



Gleich lang ist der Trail auf die Kelso Dunes, die grössten Sanddünen Nordamerikas. Und dennoch: der Kelso Dunes Trail hat mir einiges mehr abverlangt als der Teutonia Peak. Seid ihr schon mal 6 Kilometer durch feinsten Sand marschiert? Aufwärts? Steil aufwärts? Der Boden rutschte mir konstant unter den Füssen weg, ich kam stellenweise fast nicht vom Fleck und fand mich in einem Wettlauf mit der Sonne wieder. Die wollte ich von der Spitze der höchsten Düne aus untergehen sehen. Viel Zeit blieb nicht. Ich habe meine Nikon (die ich immer griffbereit in der rechten Hand halte) deshalb in meinen Rucksack gepackt und bin mit allen vieren die Sanddüne ufekräsmet. Das machte unglaublich Spass! Und, ich kam rechtzeitig zum Sunset. Es war fantastisch! (das habe ich ja schon ab und zu geschrieben, aber, die Kelso Dunes gehören mit zum Schönsten, was ich in den USA schon gesehen habe). Ich gönnte mir ein paar Beef Jerky Streifen und eine Banane, bevor ich im Mondschein die Düne wieder runterrannte und tatsächlich dieses donnernde Grollen hörte, das in meiner Mojave Broschüre beschrieben wird. Aus mir nicht ganz einleuchtenden Gründen erzeugt der ins Rollen kommende Sand diese grollenden Geräusche. Es war, als würde hinter mir ein Flugzeug starten oder ein Gewitter aufziehen. Die Kelso Dunes sind Teil einer Region mit dem Namen „Devil’s Playground“. Und, mindestens akustisch sitzt einem der Teufel beim Dünenrunterrennen tatsächlich im Nacken…




Nach einer italienischen Dusche und einem Besuch auf der Ranger Station machte ich mich an meinem zweiten Mojave Tag auf den Weg zum Barber Peak Trail: 10 Kilometer durch die „Hole In The Wall“-Felsen, über das offene Wüstenfeld, hinein in Kakteenwälder und vorbei an abgebrannten Bäumen, wegrennenden Hasen und rauschenden Yucca Palmen. Für unerfahrene Hobby Hiker wie mich ist dieser Trail ein Traum. Ich habe viele der Tiere vorbeihuschen sehen, von denen ich Abends zuvor in meiner Broschüre las. Darunter jene Wüstenmaus, die ein Leben lang ohne einen einzigen Tropfen Wasser auskommt. Ich habe all die Kakteen bewundert, mich durch enge Felsspalten gezwängt, bin durch die Wüste gejoggt und rechtzeitig vor den aufziehenden 90-Meilen Böhen (die draussen noch immer wie wild umherrauschen) wieder bei meinem Subaru angekommen.




Nachtlager ist heute nicht mehr ein einsamer Parkplatz mit jaulenden Kojoten (denen habe ich gestern die halbe Nacht lang gelauscht), sondern das Amargosa Opera House & Hotel. Von diesem Hotel, das weit abgelegen draussen in der Wüste zwischen dem Mojave Preserve und dem Death Valley National Park steht, habe ich vor Jahren mal in einer Reportage des Schweizer Fernsehens erfahren. Eine pensionierte Tänzerin hatte das Anwesen auf einer Reise entdeckt, gekauft und zum einsamsten Opernhaus (mit angrenzenden Gästezimmern) der Welt umgebaut. Once in a fortnight gibt sie hier noch Aufführungen. Ansonsten kann mans sich in den lauschigen Zimmern mit Oblicht und Heizöfeli gemütlich machen und auf dem Bett liegend lange Blog-Einträge schreiben… Auf dem Weg hierhin kam ich am Silver Lake vorbei, der die meiste Zeit des Jahres eigentlich gar kein Lake ist, und der mich offenbar verschlucken wollte; seht selbst…

Und hier der Videolink…

Und dann noch drei Snapshots to round it off: mein silbriger Freund, der mit neuem Motor und frisch geölt bisher ein gemütlicher Reisepartner ist / ein Gast, der im Mad Greek Cafe in Baker einkehrte, um “ The USA’s Best Gyro Sandwich“ zu probieren und sich nach dem ersten Biss sehnlichste einen Kebab vom Wohler Central herbeiwünschte / Shoshone: eines jener Halb-Geisterdörfer entlang dem Desert Highway 127, in dem es mehrere Tankstellen, Restaurants, Grocery Stores und „Date Bars“, aber kein frisches Gemüse oder Früchte gibt. Such is life…

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Eine Antwort zu Mojave

  1. BARBI schreibt:

    hallo samuel

    bin erst heute nachmittag, kurz vor feierabend wieder mal dazugekommen, deinen blog zu lesen. sehr sehr schön diese bilder von den kelso dunes. du gibst mir immer wieder neue tips, was ich wo auch noch anschauen könnte…………. danke für all die guten ideen….. ich merk mir diese highlights gerne.

    BARBI

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