Se German Matterhorn

Soll man den Tag feiern, der einen schlagartig dorthin katapultiert, wo man näher bei 30 als bei 16 ist? Oder soll man ihn demonstrativ verschlafen und sich gegen den aufdiktierten Gang der Zeit zur Wehr setzen? Ich habe mich für ein „Zwischendurch“ entschieden und mir den Morgen freigenommen, um lange auszuschlafen und danach die alten Glieder sachte durch den Tag zu steuern. Gefreut haben mich die Postkarten, Briefe und Päckli, die ich in meiner Post-Box neben dem Pine View Village Office fand. Besten Dank! Gefreut hat mich auch, dass der chinesische Kassier im „Mein Bowl. Authentic Chinese Kitchen“, wo ich mir zum späten Lunch einen Kraken-Salat gönnte, mit aufmerksamem Blick auf meine NAU Student Card feststellte, welch grosser Tag angebrochen war und mir ein freundliches „Happy Birthday, Mister“ entgegenlächelte.

Gefeiert habe ich am Abend mit einem Teil des IC im „Matterhorn Grill“, einem offiziell deutsch schweizerischen Restaurant im Downtown Flagstaff. Das mehrstimmige Geburtstagsständchen meiner Mitfeiernden lockte den Wirt – einen Deutschen, der auch einmal in Küssnacht am Rigi wirtete – aus seinem Kämmerchen. Wir unterhielten uns ein wenig übers Auswandern, das Älterwerden und Arizona. Auf meine Frage, weshalb ein offensichtlich vorwiegend deutsches Restaurant (auf der Karte war „Swiss Fondue“ das einzige schweizerisch dreinblickende Menu neben Dutzenden deutschen Küchenhits) mit dem Matterhorn auf sich aufmerksam mache, hielt er eine wenig überzeugende Antwort bereit, die darauf hinauslief, dass ihm einfach nichts anderes in den Sinn kam. Und wer kennt in Amerika schon die Zugspitze? Tja, Deutschland, mit euren Hörnern und Spitzen beeindruckt ihr uns nicht…

Glücklicherweise hatte ich am folgenden Morgen ein Assignment einzureichen und nahm mir deshalb vor, nach dem Essen nicht mehr allzu lange im Städtchen zu verweilen. Nach meinem ersten amerikanischen „Amaretto on the rocks“ verabschiedete ich mich aus dem Collins Pub und schrieb in der Library fleissig an meinem Book-Review zu Karl Jacoby’s Shadows at Dawn. Zwei SMS am späteren Abend brachten mich zur Überzeugung, dass ich mich wohl keine Minute zu früh aus dem Collins verabschiedet hatte. SMS 1: in meiner Abwesenheit wurde ich von der versammelten weiblichen Internationals-Schar zum „hottest exchange student“ auserkoren(danke). SMS 2: ein mexikanischer Barbesucher bat die Australischen Mitfeiernden zur frühen Morgenstunde mit hervorgehaltener Pistole auf nicht gerade nette Art, die Bar doch zu verlassen und nach Hause zu gehen. So läufts im Wilden Westen. Arizona trägt mit einem sinnigen State Law zur Waffenliebe bei: wer 18 ist, darf ohne Waffenschein eine Schusswaffe mit in den Ausgang nehmen, muss diese jedoch für jedermann sichtbar auf sich tragen. Wer 21 ist, darf die Waffe dann auch verstecken, so, dass man sie nicht auf Anhieb sieht. Macht Sinn, oder?

Zur Beruhigung fuhren wir am Sonntag alle zusammen ins benachbarte Sedona. Ein wunderschönes Städtchen rund 20 Autominuten südlich von Flagstaff. Die Fahrt nach Sedona führt durch den Red Rock Canyon, der mit roten Felsen, schönen Wasserfällen und verschiedensten Kakteen-Arten lockt. Wir haben uns vorgenommen, für die nächste Sedona Ausfahrt mehr Zeit fürs Hiken unterwegs einzuplanen. Besonders freue ich mich auf den Red Rock State Park, der nicht nur landschaftlich schön ist, sondern auch tierisch spannend scheint. Er beheimatet Kolibris, Klapperschlangen und Pumas. Ein sehenswerter Mix, der vereint wohl etwa so gefährlich ist wie ein durchschnittlicher spätabendlicher Barbesucher in Flagstaff.

Im untenstehenden Album ein paar Schnappschüsse aus dem Matterhorn Grill (Bild 2, das ist „Swiss Fondue“ auf deutsch), dem Red Rock Canyon und der Landschaft rund um das Städtchen Sedona.


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Eine Antwort zu Se German Matterhorn

  1. Christian Hunziker schreibt:

    Hey Schumi
    So lange du mit 23, was ja noch naeher an 20 als an 30 ist, zum hottest exchange student gewaehlt wirst, ist ja alles in bester Ordnung.

    Gruss aus dem sehr britischen Felsted
    Chrigi

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