New York City II

Mein leider etwas zu kurzes Bett in einem der 8er-Schläge des Jazz on the Park Hostels ist in diesen Tagen ein idealer Aufenthaltsort. Die angenehm surrende Klimaanlage direkt über meinem Kopf sorgt im Zimmer für kühle Temperaturen, während draussen das Thermometer auf bis zu 100 Grad Fahrenheit (ich habe mir die Mühe der Umrechnung nach Celsius nicht machen wollen, heiss ist es aber trotzdem) ansteigt. Die feuchte Atlantikluft, die durch die Strassenschluchten weht, trägt ihren Teil zum erdrückend tüppigen Klima bei.

Erdrückt haben mich in den beiden letzten Tagen auch die Emotionen, die beim Gedanken an die kommenden Monate immer wieder aufkamen. Ein wilder Mix aus Wehmut, Vorfreude, Tatendrang, Heimweh und Selbst-Motivation schwirrten mir durch den Kopf und liessen mich die umgebende Grossstadt fürs erste Vergessen. Die sündhaft teuren Anrufe nach Hause haben mir die Startsorgen fürs erste genommen. Was aber bleibt ist die Erkenntnis, dass nicht alles ganz so easy wird, wie ich mir das in meinen vor-amerikanischen Träumen manchmal erhofft habe.

Easy ist hingegen die Stimmung in dieser gigantischen Stadt. Ich habe auf den Erkundungstouren durch mein Quartier rund um die 106th Street, durch Manhattan und Midtown nur freundliche Menschen getroffen, deren offene und motivierende Art trotz der offensichtlichen Oberflächlichkeit gut tun. „Goodbye my friend“, „enjoy your stay“ und „take car, boy“, all diese Zusprüche, ob ernst gemeint oder nicht, geben mir ein seltsames Gefühl der Geborgenheit, das mir gerade jetzt in diesen ersten Tagen sehr willkommen ist.

Nachdem ich mich gestern mit einer nagelneuen Nikon D90 und drei Objektiven (für Kenner: ein Nikon Kit 18-105mm, ein Tamron 70-200mm (konstant F 2.8.) und ein Tokina 11-16mm (ebenfalls konstant F 2.8.)) ausgerüstet und mich im Whole Foods Quartier-Shop mit reichlich Trinkwasser, Äpfeln und Kaugummis eingedeckt habe, nahm ich den weiten Weg durch den Central Park unter die Füsse. Der Park ist weitaus grösser und schöner, als ich ihn mir vorgestellt habe. Überall wird geputzt, gegärtnert und erklärt, die Menschen joggen und biken in Scharen durch die hübsche und abwechslungsreiche Anlage. Auf einem kleinen Platz inmitten des Parks habe ich einem dicken schwarzen Mann zugeschaut, der mit zwei an langen Stäben befestigten Seilen riesenhafte Seifenblasen in die Luft steigen liess. Ein spezielles Schauspiel, das mich minutenlang in seinen Bann zog. Die Seifenblase, eigentlich eine gute Metapher für meinen American Dream: bei beiden ist Vorsicht und bedächtiger Umgang gefragt, will man sie nicht vorschnell platzen lassen.

Mein Spaziergang führte mich weiter durch die luxuriöse 5th Avenue, deren Shops mit lauter Musik und heruntergkühlten Räumen locken, gleichzeitig aber mit horrenden Preissummen die unweigerlich aufkommende Shopping-Laune verderben. Das Warten auf die U-Bahn im Untergrund Manhattans war temperaturtechnisch eine Qual. Die Hitze in den U-Bahn Stationen ist unerträglich. Verständlich, dass die meisten New Yorker in den Metro-Waggons wie im Delirium vor sich hindösen und oft erst im letzten Moment auf die Sprünge kommen, um noch rechtzeitig auszusteigen.

Am Abend gönnte ich mir den Ausblick von der Top of the Rocks-Plattform auf dem Dach des Rockefeller-Centers. Die Plattform bietet genau jene Aussicht, die man sich als unerfahrener New York-Besucher erhofft: ein ungestörter Blick hinunter in die funkelnden Strassenschluchten Manhattans, über die Skyscrapers hinweg bis zum Atlantik und auf den weitläufigen Central Park. Der tosende Lärm, der auch in der Nacht nicht verstummt und unter dem ganzen Lichterglanz ein sich wälzendes und nicht zur Ruhe kommendes Monstrum erahnen lässt, verstärkt den Eindruck, mitten im Zentrum des Weltgeschehens zu stehen und erhöht gleichzeitig das Gefühl der eigenen Unbedeutsamkeit, die einem wohl nirgendwo in der zivilisierten Welt so deutlich gemacht wird wie im Zentrum Manhattans. Ein faszinierendes Erlebnis, dessen betörender Lichtkegel aber auch Schatten wirft: am New Yorker Nachthimmel ist auch bei längerem Beobachten kein einziger Stern zu sehen.

Zu den Six Pix: 1) Mein Bett im Jazz on the Park, 2) Das Rockefeller Center von der Rockefeller Plaza aus betrachtet, 3) Blick auf Manhattan von der Top of the Rock-Plattform, 4) Ich vor dem New Yorker Strahlenmeer, 5) Die Staten Island Ferry Station, 6) Die Freiheitsstatue von der Staten Island Ferry aus betrachtet.


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