This is it

Wie schliesst man etwas ab, das man gar nicht abschliessen will, aber doch irgendwie muss? Wie beschreibt man das Hin- und Hergerissen sein zwischen Vorfreude auf Zuhause und Respekt vor dem Aufbruch dorthin? Wie fasst man tausende von Erinnerungen zusammen? Wie setzt man den Schlusspunkt am Ende einer langen Reise, ein Ende, das einmal so unglaublich weit wegzuliegen schien, und jetzt plötzlich hier ist?

Es ist ein Ende, das ich mir – und darauf bin ich ein klein wenig stolz – in den vergangenen 12 Monaten nur äusserst selten herbeigewünscht habe. Es fiel mir erstaunlich leicht, ohne allzu viel Respekt oder Zurückhaltung in eine neue Welt einzutauchen, eine Kultur (oder in manchen Fällen das Nicht-Vorhandensein derselben) kennenzulernen und Amerika in all seinen Facetten zu erleben. Natürlich gab es Ups und Downs, Highlights und Lowbeams, Überraschendes und Enttäuschendes. Jetzt eine Bilanz zu ziehen wäre wohl aber verfrüht, und irgendwie scheint es mir auch gar nicht nötig. Man sollte einen gelebten Traum nicht bilanzieren. Man sollte ihn in Gedanken immer wieder durchträumen, sich an ihm freuen und vielleicht etwas von ihm lernen.

Und wenn ich hier sitze und trotzdem versuche, ein paar abschliessende Worte zu finden, dann spüre ich, wie mich die Erinnerungen an dieses Jahr übermannen, wie ein Erlebnis das andere jagt, wie Bilder aufblitzen und Gespräche vorbeirauschen, wie Eindrücke verblassen und Gedanken hängenbleiben. Es ist ein gewaltiges Gefühl, am Ende dieses Trips hier zu sitzen und zu spüren, dass man seinen Erinnerungen nicht Herr werden kann und sich irgendwie in ihnen verloren fühlt. Ich gebe mich ihnen gerne geschlagen.

Amerika war mein grosser Traum. Ich habe ihn gelebt, und ich bin glücklich. Glücklich über all das Erlebte, glücklich über all die Erinnerungen, und vor allem glücklich über ein persönliches Umfeld, das mir diesen Traum erst ermöglichte und mir nichts in den Weg stellte. Ein Traum wie dieser ist nicht für alle Beteiligten immer leicht. Danke fürs Mitträumen, danke, dass ich Träumen durfte.

Was mir mit Worten nicht so recht gelingt, das gelingt vielleicht mit Bildern. Ich habe deshalb ein kleines Video kreiert, und ein paar der schönsten Erinnerungen meines Jahres darin zusammengestellt.

This is it. Es hat mich gefreut, dass ihr euch so zahlreich durch insideusa.ch geklickt habt. Danke fürs Vorbeischauen, und bis bald zu Hause.

I’m coming home…

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Northern Territories

Ich sitze auf einer zusammengefalteten Fleece-Decke am Boden unseres Dreier-Schlags im American Dream Hostel mitten in Manhattan. Rund um mich verstreut liegen Kleider, Plastiksäcke, Souvenirs, Schuhe. Juli und Beni haben sich daran gemacht, ihren Anteil des Gewühls in ihre Koffer zu packen. Ich selbst kann mich irgendwie nicht dazu überwinden, mich um meinen Haufen zu kümmern. Es ist ein spezieller Gedanke, dass ich noch heute Nacht die Koffer packen muss. Morgen fliegen wir. Nicht nach Houston, nicht nach Hawaii und nicht nach Seattle; wir fliegen nach hause. Meine Zeit hier ist vorbei. Sie war gut, die Zeit, und ich werde sie wohl ab und dann vermissen.

Für eine kurze Weile ist sie aber noch, die Zeit, und einen Teil davon möchte ich nutzen, um insideusa.ch irgendwie zu einem würdigen Abschluss zu bringen. Dazu braucht es zu allererst mal einen Backflash auf unsere letzte Reise-Etappe vom Herzen Oregons über die Hauptstadt des Pacific North West zurück nach New York City, wo die grosse Reise vor einem Jahr begann.

Nach den sandigen Tagen in den Küsten-Dünen Oregons trippten wir entlang kurviger Waldstrassen ins angenehm kühle Central Oregon, wo wir auf dem Broken Arrow Campground am Diamond Lake umgeben von grünen Tannen und Millionen von Stechmücken für zwei Tage unser Zelt aufstellten. Hauptattraktion der Region ist aber nicht der viereckige Diamond Lake, an dessen Ufern sich hunderte von Rednecks mit ihren Fischerrouten auf die Ladefläche ihrer Pick Ups hocken und auf den grossen Fang warten. Viel aufregender ist der Crater Lake National Park; ein tiefblauer Kratersee in einem erloschenen Vulkan, dessen Existenz von den Ureinwohnern der Region lange Zeit verschwiegen und geleugnet und der deshalb erst im späten 19ten Jahrhundert von englischen Pioneers „entdeckt“ wurde. Der Crater Lake ist der 9. tiefste See der USA, und wohl mit Abstand der blauste.

Sechs Mal so gross wie der Hallwilersee und knapp 2000 M.ü.M.; „3 Mol Rondome“ würde hier zur toughen sportlichen Herausforderung…

  
  

Für den Sonnenuntergang fuhren wir nach unserem „hausgemachten“ Rosmarin-Yams-Auflauf noch einmal an den Crater Lake. Das tiefe Blau verwandelte sich nach und nach in bedrohliche Schwärze, aus deren Tiefen laut indianischen Sagen des Nachts verschiedenste Ungeheuer emporsteigen und unerwünschte Eindringlinge mit in ihre nassen Grotten reissen…

   

Ein paar Eindrücke aus unserem Campground-Dasein und unserem Stop bei einem natürlichen Hot Spring Spot mitten im dichten Tannenwald von Central Oregon…

  
  

Im Gegensatz zum Crater Lake National Park sind die Vulkane des Newberry National Monuments nicht längst erloschen, sondern immer noch aktiv. Auf Schwefeldämpfe oder glühende Lavaseen stiessen wir dennoch nicht. Dafür fanden wir schöne Blumen und natürlich verglaste Bimsstein-Brocken…

  
  

Unerwartet ist der Anblick der „Painted Hills“ im John Day Fossil National Monument. Die riesigen Lehmhaufen inmitten der steppigen Pampa sehen aus, als wären sie mit giftigen Chemikalien vollgesprüht und dann ihrem Schicksal überlassen worden. In Wirklichkeit aber erhielten sie ihre knallige Farbe durch natürlich Rost-Prozesse, die die an sich langweiligen Hügel über Jahrmillionen in wahre Kunstwerke verwandelten…

  
  

Weit weniger kunstvoll und irgendwie bemitleidenswert erschien uns Mitchell, die einzige Ortschaft in der näheren Umgebung der Painted Hills. Die Stadt ist ein gutes Beispiel für ein heruntergekommenes Mining Town, dessen touristisches Potential nicht erkannt wurde und das deshalb seit der Stilllegung der nahen Kupferminen unbeachtet vor sich hingammelt. Wir kämpften uns mit viel Mut durch das Tages-Menu der einzigen Beiz im Ort, versuchten das laute Husten in der Küche zu überhören und staunten nicht schlecht ab der Ehrlichkeit der Servier-Dame, die uns offen und ohne Umschweife gestand, dass die „krispy chicken legs“ „not realley krispy“ seien, die Ice Cold Lemonade „not really cold“ und dass es zwischen dem potatoe und dem maccaroni salad eigentlich keinen Unterschied gäbe. Und dann entdeckten wir noch einen kleinen Schuppen (Bild 2), der die Herzen aller Stephen King-Fans höher schlagen lassen würde. Wir gingen nicht hinein…

Anders als in den kühlen Tannenwäldern im Westen Oregons kletterte das Thermometer in der Oregon-Steppe weit über die Toleranzgrenze einiger Reiseteilnehmer hinaus. Trotzdem liessen sie sich zu einem kleinen Hike durch die Badlands-Täler ermuntern und zeigten sich gar enttäuscht über das auf Schildern angekündigte Ende der Wanderwege…

  
    

Inner Oregon hat uns mit seinen Krater-Gegenden und seinen Southwest-Style Lehmlandschaften gut gefallen. Nur eben, die cheibe Wanderwäg hätten ruhig etwas länger sein dürfen…

   

Beinahe gefährlich wurde es auf unserem Ausflug an den Snake River, der an der Grenze zwischen Oregon und Idaho durch den Hell’s Canyon (der tiefste Canyon der USA) fliesst. Wir stoppten auf einem schattigen Camping-Platz am Flussufer, um uns ein paar Avocado-Turkey-Sandwiches zu gönnen. Nach knapp fünf Minuten machte uns ein Mann mit Cowboy-Hut und Sonnenbrille darauf aufmerksam, dass ein paar Stunden vor unserem Besuch ein Bär auf dem Platz aufgetaucht sei, der offensichtlich keine Scheu vor Menschen zeigte und sich nur mit Warnschüssen vertreiben liess. Wir legten zur Sicherheit unseren Bären-Spray bereit und hofften insgeheim, dass sich das zottige Tier noch einmal in die Nähe des Platzes wagen würde. Ein Bär am Snake River, das wäre schon was. Knapp 10 Minuten später war’s dann soweit. Die ganze Campingplatz-Besatzung versammelte sich laut diskutierend und mit ihren mitgebrachten Schusswaffen im Halfter (oder im Rock) und deutete aufgeregt zum anderen Flussufer. Tatsächlich war da ein Schwarzbär, ein ziemlich grosser, schöner Bär. Er rannte hin und her, bäumte sich auf, nahm ein kurzes Bad im Fluss und versetzte die Amerikaner um uns herum offenbar in Jagdlaune. Pistolen wurden vor unseren Augen geladen und griffbereit eingesteckt. Einer wollte Warnschüsse abfeuern und konnte nur durch gutes Zureden vom Cowboy-Hut-Träger davon abgehalten werden. Der Bär zottete ein paar Minuten am Flussufer entlang und verschwand dann in den Hügeln Idahos. Glück für ihn. Wir hatten keinen Zweifel daran, dass unsere gut gerüsteten Nachbarn sofort geschossen hätten, wenn das arme Tier ein paar Meter in die falsche Richtung geschwommen wäre…

  

Wir folgten dem Snake River bis zum Hell’s Canyon, fuhren die Passstrasse hinauf zu einem der Rims und blickten über die Tiefe Schlucht hinweg. Dass der Graben so tief ist wie kein anderer in Nordamerika sieht man ihm von oben gar nicht an. Er wirkt eher wie eine waldige Hügellandschaft, ein bisschen wie das Freiamt, nur ohne Grossüberbauungen, Aldis und Lidls…

  

Der Oregon-Backflash im Hochformat: der Staat ist eine Reise wert: hier ist die West Coast noch wild, sind die Seen noch blau und die Wälder noch unberührt und scheinbar endlos…

   

Der letzte Abstecher unserer West Coast-Reise führte uns nach Seattle, dem Coffee-Capital of the World, der Nirvana-City und der geographisch best isolierten Metropole der USA. Die Stadt liegt zwar inoffiziell „in the pines where the sun don’t ever shine“, empfing uns aber mit strahlend blauem Himmel (wie man uns sagte ist das die absolute Ausnahme) und angenehm warmen Temperaturen. Wir gönnten uns eine erstklassige Walking Tour, schauten auf dem emsigen Pike Place Fish und Farmer’s Market vorbei, standen Schlange vor der weltweit ersten Filiale des Kaffee-Multis Starbucks, kamen vorüber an eingekleideten Bäumen (eine Initiative des neuen Bürgermeisters, der daran glaubt, mit Farbe und Musik Bettler und Obdachlos aus bestimmten Stadtteilen vertreiben zu können…) und genossen das relaxte Ambiente des Pacific North West…

  
  

1) Auf dem Weg hinauf nach Seattle nahmen wir den Umweg über den Historic Columbia River Highway, von dem aus man den mächtigen Fluss gut überblicken kann, 2) Seattle’s Strassen waren einst so steil wie jene in San Francisco. Auf Initiative der Stadtverwaltung wurden im frühen 20ten Jahrhundert alle Strassen geebnet und die ganze Stadt „verflacht“. Treppen sind daher eine wahre Rarität, 3) der Blick aus den Fenstern des wohl exklusivsten Starbucks‘ der Welt: die Filiale liegt im vierzigsten Stock des Columbia Towers (dem höchsten Gebäude der Stadt), 4) auf dem Parkplatz vor unserer Jugi machte ich mich daran, meinen Rucksack für den Weiterflug nach New York City zu packen. Ein Teil meiner Reise-Ausrüstung (etwa die treuen Garmont-Trekking-Schuhe) blieb dabei auf der Strecke…

   

So long!

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Forever West

Ich habe „Sleepless in Seattle“ nie gesehen, und weiss noch nicht einmal, welche Geschichte der Film erzählt. Nach zwei Tagen in dieser Stadt kann ich mir aber vorstellen, dass es kein Zufall ist, dass ausgerechnet Seattle und nicht New York oder LA sleepless machen soll. Es gibt wohl mehrere Gründe, die mich und viele andere hier auf Trab halten und nicht zur Ruhe kommen lassen. Seattle, um einen zu nennen, ist eine weitaus spannendere Stadt, als ich mir gedacht hätte. Ein früher Bett-Gang wäre in all der kulturellen Vielfalt und dem angenehm städtischen Ambiente eine Sünde. Zudem ist das Klima hier oben an der nördlichen „Wet Coast“ tüppig und erdrückend, so dass man sich lieber in klimatisierten Jugi-Küchen an den Tisch setzt und bloggt, anstatt ins unerwünscht warme Bett zu kriechen. Und drittens – was mich riesig freut – scheint es in Seattle unermesslich viel Cafés mit echt gutem Kaffee zu geben. Mein Koffein-Level ist daher fast wieder auf Semester-Abschlussprüfungs-Stand und hält mich über die frühen Schlummerstunden hinaus wach. Und schon ist sie da wieder, die Diskrepanz zwischen dem realen Ich und dem blogging ego. Das hinkt nämlich noch immer hinterher, und muss sich über die nächsten zwei Posts erst einmal durch das nördliche Kalifornien und das wunderschöne Oregon hinauf in die Sleepless City kämpfen. So let’s do it…

Unmittelbar nördlich von San Francisco an der schroffen nordkalifornischen Küste liegt die kleine Hippie-Kommune „Bolinas“. Die Bewohner machen sich einen Spass daraus, das Ortsschild regelmässig (und nicht regelkonform) von seinem Pfosten am Highway-Rand abzuschrauben, sodass möglichst alle potentiellen Touristen die Abzweigung hinein ins kleine Künstler-Kaff verpassen und unbekümmert daran vorbeisausen. Die Taktik scheint zu funktionieren. Auch wir haben die Ausfahrt beim ersten Anlauf verpasst und erreichten Bolinas nur über Umwege. Gelohnt haben sich diese allemal. Das „socially acknowledged nature-loving town“ ist europäisch-schnüsig und hat mich an die piktoresken Fischerdörfer im Norden Hollands erinnert. Herausgeputzte Holzhäuser säumen die für amerikanische Verhältnisse schmale Dorfstrasse. Fastfood oder Supermarkt-Multis gibts hier keine. Dafür ein paar Kunstgalerien, einen Smoothie-Shop und einen fantastischen Strand, an dem wir uns die Zeit mit Avocado-Sandwiches, Muschelsuchen und Frisbee-Spielen um die Ohren schlugen.

1-3) Bolinas, ein mehr als sympathisches Gegengewicht zu all den unästhetisch verbauten, in allen Werbefarben blinkenden Suburb-Crusts; 4-6) nördliche von Bolinas erstrecken sich entlang dem Highway 1 kilometerlange, menschenleere Sandstrände, die zum Verweilen und Geniessen einladen…

  
  

Bolinas war entspannend, hipp und irgendwie so, wie San Francisco wohl einst gewesen sein muss, als der „summer of love“ über die Bühne hinkte und man sich betont freimütig und locker gab…

1) Bolinas‘ Gallery Lane, 2) der legendäre Highway 1, 3-4) NoCal’s Strände: verlassen und berauschend schön…

   

Im obersten Ecken California’s liegt der verzettelte und wegen seiner zusammengewürfelten Form schwer überschaubare Redwoods National Park. Der Park beheimatet in seinen dichten Regenwäldern einige der grössten und ältesten Pflanzen des Planeten. Knapp 100 Meter hoch und über 2’500 Jahre alt sind die massivsten der unzähligen Redwoods, die hier erhaben und leise rauschend in die nebligen Höhen ragen. Wir spazierten in der Lady Bird Johnson Grove (einer der leicht zugänglichen Regionen des Parks) herum und liessen uns beeindrucken von der Grösse der Bäume und der dichten Schönheit des Waldes…

  
  

Der Anblick eines lebensgrossen Redwood Baums lässt sich kaum mit etwas Anderem vergleichen. Man muss die Pflanzen wohl gesehen haben, um zu wissen, wie respekteinflössend sie sind. Bild 3, dachten wir uns, ist ein guter Hinweis darauf, wie „krass“ dieser Wald wirklich ist. Juli und Beni wirken umgeben von den sanft schaukelnden Riesen verschwindend klein…

   

Neben Redwood Bäumen und mystischen Nebelschwaden bot der Redwoods National Park auch eine der überraschendsten (wenn nicht sogar DIE überraschendste) Wildlife-Begegnung, die ich in meinem Amerika-Jahr erlebt habe: nach unserer Ankunft im Nationalpark haben wir uns in einer der nahegelegenen Ranger-Stations eine der jeweils sehr hilfreichen Nationalpark-Broschüren abholen und uns über die Wanderwege des Parks informieren wollen. Die anwesende Rangerin war gut gelaunt und wenig gefragt, und so hakten wir nach und wollten wissen, ob sie uns für unseren zweitägigen Besuch im Park ein paar „Geheimtipps“ geben könne. Sie kritzelte auf unserer Karte ein paar Wanderwege und Scenic Drives an, drückte uns die Karte wieder in die Hand und dann, ganz zum Schluss, fast als Nebensatz, sagte sie: „oh, and by the way, there are two California Gray Whales hanging out in Klamath River. They’ve been there for about 20 days. If you’re lucky, you might be able to see them.“ Grauwale, die im Pazifik falsch abbogen und sich in einem Süsswasserfluss verirrten; das tönte unglaublich und machte uns nur wenig Hoffnung. Nach unserem Ausflug in die Lady Bird Johnson Grove fassten wir uns dennoch ein Herz und fuhren hinunter zum Klamath River. Wenigstens versuchen können wirs ja mal. Zwei Stunden wollten wir den Walen geben, uns irgendwo hinsetzen, picknicken, und hoffen, dass wir in der Ferne des Wassers irgendwo die Andeutung eines Blases erkennen würden, wenn die Grauwale denn überhaupt noch da sind. Doch manchmal läufts wohl wirklich anders, als man denkt. Nach nicht einmal einem Kilometer entlang der Klamath River Road sahen wir die beiden Wale von der Strasse aus im Fluss hin und her tümpeln. Zwei graue Riesen, eine Mutter mit ihrem Kalb, in einem Fluss nicht breiter und sicher nicht tiefer als die Reuss in der Bremgarter Schlaufe. Wir trauten unseren Augen kaum, stellten unseren Dodge an den Strassenrand und kletterten mit einer Packung Kellogs und einem Liter Soja Milch im Rucksack zum Flussufer hinunter, in der Hoffnung, dass die Wale noch da sein würden. Während gut anderthalb Stunden schwammen die beiden riesigen Tiere wenige Meter (ich übertreibe nicht) vor uns hin und her, kehrten sich im Wasser, bliesen ihren nieselnden Blas meterhoch in die Luft, sonnten sich hie und da regungslos in den seichten Ufer-Zonen und schienen uns mit ihren tiefliegenden Augen beim „zmörgele“ zuzuschauen. Es war eine Wildlife-Begegnung der Extra-Superklasse. Wir drei und zwei verirrte Grauwale, absolut ungestört und friedlich. Neben Buckelwalen auf einsamen Kayak-Trips und Delfinen auf Inselrundfahrten in Florida jetzt also auch Grauwal bim Zmorge am Flossufer: mein year abroad war ein walhaftiges gutes Jahr!

  
  
  
  

Was die Wale nach unserem Zmorge trieben, ist uns nicht bekannt. Wir aber zogen nordwärts, entlang kurviger Küstenhighways und durch schöne Beachtowns, in denen man sich zur Zeit für sehr wenig Geld Land kaufen und sich seinen West Coast-Anteil absichern könnte. I dream on… Wir verliessen Kalifornien und freuten uns auf unsere Tage in Oregon, das uns mit dichtem Tannenwald, schönem Wetter und spektakulären Küsten-Szenerien willkommen hiess.

1-3) Snapshots von unserem Ausflug in die Sunset Bay und Arago State Parks im südlichen Oregon, 4-5) bewegte Familienbilder am Strand von Bandon, 6) Pelikane im Gänseflug, 7-9) ein Caspar David Friedrich-esker Sonnenuntergang vor unserer Lodge in Bandon…

  
  
  

Ein Zimmer mit Meerblick, wie wir es uns in der Indian Lodge im schönen Küstenstädtchen Bandon gönnten, ist bei Sonnenuntergängen wie diesen unbezahlbar…

   

Doch, nicht immer kann sich unser eins Suiten mit Meerblick leisten. Manchmal muss man sich mit staubigen Räumen in heruntergekommenen Roadside-Motels begnügen. Aber auch diese Orte haben ihren ganz speziellen Reiz, wenn auch vorwiegend in den Augen und der Nase. Hier ein paar Impressions von unserem Chill Out-Evening im Economy Inn in Reedsport…

  

Was Reedsport als Ort alles nicht zu bieten hat, liesse sich an zwei Händen kaum abzählen. Einziger und dafür umso grösserer Pluspunkt ist die Nähe zur Oregon Dunes National Recreation Area, einer riesigen Sandwüste mit Pazifikanschluss, deren Dünen (wo sie nicht gerade von kranken ATV-Rasern kaputtgefahren werden) zum Runterspringen, Krabben-Sammeln und Sandboarden einladen…

  
  
  

Mit unserem familien-internen Snowboard-Lehrer und einer grossen Portion Mut mieteten wir uns im Sand Master Park ein Sand Board und eine Kante Wachs, kletterten hinauf in die sandigen Höhen und liessen es krachen…

   
   

Den „rode the dunes“ Stempel haben wir uns redlich verdient. Und die Vorfreude auf die weniger heissen und deutlich längeren Schneepisten zuhause ist allseits gross.

So long!

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On the Other Side of the Bridge

How do you tackle SFO? Ich bin mir nicht ganz sicher. Es ist nicht einfach, San Francisco bloggend anzupacken, und der (be)schreibende Einstieg in die Stadt, die sich aus Hunderten von Quartieren und Szenen zusammenzusetzen scheint, fällt eher schwer. Und irgendwie passt das. Ich fühlte mich ziemlich überwältigt, als ich aus den wilden weiten Kaliforniens kommend plötzlich im Stau der Downtown-Strassenschluchten stand, umgeben von blinkenden Tafeln und den wohl verwirrendsten Verkehrs-Signalen Amerikas. Mir war nicht ganz wohl beim Gedanken, mich für eine ganze Woche diesem Gewirr hingeben zu müssen und ihm nicht entkommen zu können. Dank Jonathan’s Grossstadt-Experience und meinen Seitwärts-Einpark-Skills fand ich meinen Spot im urbanen Multikulti dann doch noch und tauchte ein in eine Metropole, die – wie ich herausfand – gar keine ist und sich eigentlich viel eher wie ein überdimensioniert-gemütliches Dorf anfühlt, wenn man ihr die Zeit gibt, sich einem von all ihren Seiten zu präsentieren.

Gefreut habe ich mich vorderhand aber auf zwei Reunions. Zuerst traf ich mich mit Lex und Chregi (ihr wisst schon…), die auf der Durchreise, bzw. auf einem kleinen Weekend-Trip beide für ein paar Tage in San Francisco weilten. Am 11. Juli dann holte ich Julia und Benedikt (meine beiden Geschwister) am Flughafen ab. Wir haben vor längerer Zeit beschlossen, mein Austauschjahr gemeinsam zu Ende zu reisen. Mit ihrer Ankunft in SFO hat dieses bisher mehr als würdige rund dreiwöchige Exchange-Finale seinen Anfang genommen. Und jetzt, denke ich, „tacklen“ wir SFO einfach mal, mit Bildern, Short-Notes und der Hoffnung, dass ihr an der digitalen Reiz-Flut nicht erstickt und den Überblick einigermassen behalten könnt…

First Impressions: 1) Snapshot (taken Lex-Style) mit blauem Käfer im Little Italy, 2) In-N-Out Burger: die legendär besten Burger der USA, da könnt ihr JEDEN Ex-Amerika-Reisenden fragen, 3) Seelöwe beim Sonnen am nebligen Pier 39, 4) „brosis“ vor einer der steil abfallenden Sidestreets SFO’s, 5) Freilichtkunst am Hafen, 6) „brosis“ + Chregi, 7) die kurvig-steile Lombard-Street von oben her betrachtet, 8 ) Parkieren ist hier nur in Schräglage möglich, 9) Chregi unter grünen Bäumen, 10) Kabel hängen hier noch nach alter Manier über den Strassen, 11) Alcatraz, die berühmt-berüchtigte Gefängnisinsel, 12) Flowers, wenn schon nicht im Haar, dann wenigstens in den Streets, 13) der City Lights Bookstore, wo man sich in das literarische Schaffen der hier wirkenden Beat-Autoren einlesen kann (mein Tipp: „Howl“ by Allen Ginsberg), 14) Juli in the streets, 15) … und mitten drin das vom Schweizer Architekten Mario Botta entworfene Museum of Modern Art…

  
  
  
  
  

Chinatown: Auf den ersten Blick unscheinbar und mickrig wirkt das Chinesen-Viertel San Franciscos, eines der bedeutendsten des Landes. Das Gebiet zwischen der Stockton Street und der Grant Avenue wirkt mehr oder weniger authentisch Chinesisch und bietet billige Souvenir-Shops, göttliches Dim Sum und Gelegenheit zu Foto-Shoots mit 5-Dollar-Gucci-Brillen: 1) Eingang zum Chinatown, 2) Souvenirs zu Spottpreisen in Läden so dicht bepackt, dass man sich gar nicht erst reintraut, 3) wir haben uns im „The Dim Sum House“ mit dem Traditionsgericht vollgeschlagen, 4) gelbe Wimpel, rote Lampions und schon fühlt sich der Standard-Tourist in eine andere Welt versetzt, 5) Stil-Aufnahme des Innendekors im „The Dim Sum House“, 6) „thank you, maybe next time“…

  
  

Grace Cathedral: interessant und wohl unangebracht unterhaltsam war unser Besuch in der Grace Cathedral auf dem Nob Hill. Die Kathedrale ist berühmt für ihre Kirchenfenster, auf denen statt der üblichen Heiligen weltliche Helden und Wissenschaftler geehrt werden: 1) das imposante Bronze-Tor konnte uns dreien den Zugang zu der heiligen Halle nicht verwehren, 2) wenn Kierkegaard wüsste…, 3) Albert Einstein und seine sogar mir bekannte weltbewegende Erkenntnis sind in den Hunderten von Kirchenfenstern nur schwer zu finden. Wir fragten beim Infostand nach, wo man uns sagte: „Einstein is up there to your right, next to all the other American heros“, 4 – 6) das begehbare mosaik-artige Beicht-Labyrinth (offenbar nach französischer Kloster-Tradition) hat grosses Suchtpotential. Bild 6, übrigens, zeigt den einzigen verbliebenen Katholiken der Familie beim Beichtgang…

  
  

City Life: 1 – 3) eine Fahrt mit einem der altmodischen Cable Cars steht auf jeder SFO-Touristen-ToDo-Liste; ein rasantes und unserer Meinung nach nicht ganz ungefährliches Erlebnis, 4 – 6) die „Painted Ladies“, eine der bekanntesten Häuserzeilen der USA, 7 – 9) Sonnenuntergang über der Golden Gate Bridge, vom Uferpark hinter dem Fisherman’s Wharf HI Hostel aus betrachtet, 10 – 12) unser Besuch im Japanese Tea Garden war teuer, wegen den missratenen Miko-Reiskuchen kulinarisch eher ungeniessbar und brachte am Ende des Snacks dann doch noch eine irgendwie amerikanisch angehauchte Weisheit zu Tage, 13 – 15) günstiger und weitläufiger ist der umliegende Golden Gate Park, wo wir uns die Füsse vertreten und die Hände wund-gefrisbeet‘ haben, 16 – 17) am Ende der kurvigen Fahrt hinauf zu den Twin Peaks (dem SFO-Pendant zu den Beverly Hills) erwartet einem die wohl windigste und beste Aussicht auf die Stadt, 18) fruchtiger Lückenfüller, 19) die Castro-Street, wo Harvey Milk in den 1960er Jahren die Schwulen-Bewegung ins Rollen brachte, und wo man heute noch „proud to be different“ ist, 20) das Castro-Theatre, in dem wir uns am San Francisco Silent Film Festival den Klassiker „Sunrise“ (genial neuvertont von einem Elektrogitarristen) anschauten, 21) der Sessel wurde kurz vor meiner Verschnaufpause von „bandersnatch“ artistisch vollgesprüht. Die kurze Begegnung mit der redseligen Strassenkünstlerin war eine der amüsantesten meines Amerika-Jahres…

  
  
  
  
  
  
  

Balmy Street: ein kleines SFO-Highlight sind die schönen und nachdenklich stimmenden Wandmalereien an der unscheinbaren Nebenstrasse im Latino-Viertel…

  
  

Golden Gate Bridge: die rote Hängebrücke ist das wohl bekannteste Wahrzeichen der Stadt. Tragischer Fakt: nirgendwo sonst in den USA nehmen sich so viele Menschen das Leben wie hier…

  
  

Mit der Perspektive, davon bin ich inzwischen überzeugt, ändert sich die Wahrnehmung eines Ortes ganz gewaltig. Man kann das symbolisch verstehen, oder es ganz technisch nehmen. Either way, SFO im Hochformat: 1) Alcatraz und die Möve, fast ein wenig kitschig, oder?, 2) Hippie-Busse sieht man tatsächlich noch hie und da an der Strasse stehen, 3 – 4) die Lombard Street: der mit Abstand steilste Hike der Stadt, 5) aus dem Beat-Café „Vesuvio“, wo sich Allen Ginsberg und Jack Kerouac zum Plaudern und Poltern trafen, hat man uns wegen unserem junggebliebenen Jüngsten rausgeschmissen. Dabei wollten wir doch nur Kaffee trinken und ein bisschen Beat-Luft schnuppern, 6) Rush-Hour Staus gibts auch hier, trotz Street Cars und Walkable Downtown, 7) das jüdische Museum, 8 ) die Cable Cars werden an den Endhaltestellen von Menschenhand um 180 Grad gedreht. Das ist Isebähnle im Pro-Format…

   
   

Upright Backflash: 1 & 4) die „Painted Ladies“, mit und ohne Sneakers, 2) der City Lights Bookstore, 3) Cable Car Riders, 5 – 6) Tempel-Nachbau und Yoga-Chipmunk im Japanese Tea Garden, 7) nach all den Miko-Reiskuchen tat uns ein bisschen Brückensteigen ganz gut, 8 ) blogging ego als Lückenfüller, 9) die San Francisco Bay from the top of Twin Peaks, 10) kunterbunt und quickfidel; die Castro-Street erstrahlt an allen Ecken in den Regenbogen-Farben, 11 – 12) ein letzter Blick zurück über die Golden Gate Bridge auf unserer Fahrt hinauf in den nebligen Norden, wo wir am Ufer wilder Flüsse bald auf ungeheuerliche Kreaturen stossen werden…

   
   
   So long…

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Angel’s Landing

Es ist ein Dilemma, mit dem sich wohl jeder bloggende Reisende früher oder später konfrontiert sieht: sobald man seine schreiberischen Pflichten für ein paar Tage vernachlässigt und sich mehr um sein real life als um seine digitale Plattform kümmert, vergrössern sich die zeitlichen und räumlichen Abstände zwischen dem realen Ich (das in meinem Fall in einem gemütlichen Motel-Raum mit Meerblick in Bandon, Oregon sitzt) und dem „blogging ego“, das gerade erst aus der Hitze des Arches National Parks gekrochen kommt und am gelb-rot glühenden Abgrund des Bryce Canyons steht. Es ist gar nicht ganz ohne, sich hier als reales ich vom neblig-kalten Oregon in die staubige Hitze Utahs zurückzudenken. Schon gar nicht, wenn die beiden anderen „realen Ers und Sies“ im Bett nebenan gemütlich schnarchen und mir selbst der Schädel wegen der fortgeschrittenen Zeit und dem wohl allzu geringen Kaffee-Konsum der letzten Tage grauenhaft brummt. Anyway, Utah here we come…

Nach einer knappen Woche prallem Sonnenschein und Temperaturen in den tiefen 40ern waren Jonathan und ich beinahe erleichtert über die düsteren Regen- und Gewitterwolken, die sich über dem Bryce Canyon National Park zusammenbrauten. Das letzte Mal, als ich im Dezember hier war, wurde das südliche Utah von verheerenden Überschwemmungen und anhaltendem Regen- und Schneefall geplagt und die Sicht im Bryce Canyon war den Umständen entsprechend auf wenige Meter beschränkt. Die in feurigen Farben leuchtenden Kalk- und Sandsteintürme, für die der Nationalpark bekannt ist, waren im dichten Nebel nicht auszumachen. Vor den düsteren Juli-Gewitterwolken zeichneten sich ebendiese Steintürme nun scheinbar umso dramatischer ab. Bei angenehm kühlen dreissig Grad kletterten und hikten wir eine Weile durch die einzigartigen Säulengärten…

  
  

Minuten bevor die Dämme brachen und sich der Himmel in einer gewaltigen Schauer über unseren Holzunterstand ergoss krackselten wir aus dem Canyon und i Schärme…

   
   

Trotz unserer sehr spontanen Buchungs-Mentalität erwischten wir auch im Bryce Canyon noch einen der begehrten Camp-Spots. Hier ein kleiner Einblick in unsere Utah-Campground-Kochsessions: Yams-Rosmarin Auflauf mit Ratatouille und Tomaten-Mozarella-Balsamico Salat oder Safran-Risotto mit gefüllten Peperoni. Not bad for a start…

  

Unseren letzten Halt in Utah machten wir im Zion Nationalpark. Nach den brandheissen Wüsten und schön geschwungenen Brücken des Arches Nationalparks und den feurig roten Steinsäulen des Bryce Canyons hat uns der Zion NP nochmals eine ganz andere Seite Utahs gezeigt. Dank einem kleinen Fluss, der seicht durch das Zion Valley mäandert, ist das ganze Tal dicht bewachsen und weit weniger lebensfeindlich als die umliegenden Stein- und Sandwüsten. Nach einer Nacht auf dem Weatherman Campground im Zion Valley machten wir uns an unserem zweiten Zion-Day auf zum Hike hinauf zum „Angel’s Landing Point“. Der Wanderweg schlängelt sich im unteren Teil steil hinauf durch ein enges Seitental des Zion Valleys und führt die letzten zwei Kilometer über einen schmalen und auf beiden Seiten mehrere hundert Meter steil abfallenden Felskamm hinauf zu einem atemberaubenden Aussichtspunkt. Dieser letzte Teil über den schmalen Felskamm ist es, der den Angel’s Landing-Hike zur wohl spektakulärsten Wanderung meines US-Jahres machte…

  
  
  

Die regenwaldartige Vegetation rund um die Emerald Pools (Bilder 1-2), der mäandrierende North Fork Virgin River (Bilder 3-4), die Wanderung hinauf zum Angel’s Landing Point (Bilder 5-9) und die bedrohlich nah beieinanderstehenden Felswände in den „Narrows“ (Bilder 10-12): Zion’s got it all…

   
   
   

Wir stoppten in der Mormonen-Stadt St. George (auch hier war das reale ich dem blogging ego zeitlich um einiges voraus) und stärkten uns im besten Thai-Restaurant östlich von San Francisco für die lange Fahrt entlang dem „Extraterrestrial Highway“, auf dem wir die kommenden zwei Tage die karg-schöne Steppe Central Nevadas durchfuhren. Nevada ist spannender und schöner, als ich mir das gedacht hätte. Joshua Trees und andere grosse Wüstenpflanzen säumen die über Kilometer hinweg schnurgeradeausgehenden Strassen. Kleine Seen und Bäche sorgen hie und da für blühende Oasen inmitten der desert zones und die Area 51 (das sagenumworbene und mythisch hochstilisierte geheime Testgelände der US-Streitkräfte, in dem der Legende nach Aliens gefangengehalten und UFOs nachgebaut werden) hat tatsächlich die anziehende Kraft des Verbotenen, mit der ich schon in meiner Jugend hie und da stark zu kämpfen hatte. Näher als bis auf hundert Meter haben wir uns mit unserem Dodge Journey aber nicht an die Sperrzone herangewagt (Bild 9 zeigt einen der streng bewachten Eingänge). Der lahme SUV hätte das Rennen gegen die hochgerüsteten Pickups des hiesigen Sicherheitsdienstes wohl verloren…

  
  
  

Nevada, der „Silver State“: blauer Himmel, weisse Wölkchen, rote Erde und schnurgerade Highways…

   
   

Die Nacht verbrachten wir im Little A Le Inn, einer gewöhnungsbedürftig-gemütlichen Trailer-Absteige mitten in der Wüste, von der ich in einem kleinen Off The Beaten Path-Reiseführer, den mir mein Mitbewohner vor Jahren einmal schenkte, gelesen hatte. Die Bar des Hotels, dessen Zimmer in alten Trailer-Anhängern eingerichtet sind und die trotz unseren anfänglichen Bedenken mehr als überzeugen konnten, wurde von komischen Gestalten bevölkert, die sich hier zum Feierabendbier oder zum Austausch über die jüngsten UFO-Sichtungen und Alien-Begegnungen trafen. Sowieso schien sich hier alles um die extraterrestrischen Besucher zu drehen. Überall im „Hotel“ hängen Beweisfotos und Zeitungsartikel an den Wänden. An der Theke kann man sich alte Alien-Filme auf Videoband ausleihen und im kleinen Touristenshop gibts allerlei Alien- und UFO-Kram zu kaufen. Aufgefallen sind uns auch die Bumperstickers an den Kühlvitrinen der Bar, die keinen Zweifel daran lassen, wen die Besitzer des A Le Inns 2012 wohl nicht als Präsidenten wählen werden…

  
  
  

Entführt wurden wir in der stürmischen Nacht nicht. Kein Alien hat an unseren Trailer geklopft. Noch nicht einmal schlecht geträumt haben war. Was bleibt ist die Erinnerung an einen speziellen und wohl einzigartigen Ort und an einen apokalyptischen Sonnenuntergang über der Area 51. Der Abstecher hat sich auf alle Fälle gelohnt…

   

Und schon sind wir dem kleinen Motel im neblig kalten Bandon, Oregon, wieder 10 Reisetage näher. Morgen machen wir einen weiteren grossen Sprung nach vorn und dann sind wir schon bald an der kurligen West-Coast, wo ich die bisher wohl überraschendste Wildlife-Sichtung meines Austauschjahres erlebt habe.

Stay Tuned!

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Unfuckingbelievably Beautiful

Als Kind liebte ich es, „of Bsuech z’goh“, irgendwohin, nach Frauenfeld zu Kollegen meiner Eltern, nach Kriens an den gemütlichen Stubentisch bei meiner Grossmutter oder nach Littau zu meiner Tante, wo ich mir mit meinen Geschwistern auf dem grossen Ledersofa sitzend alte Western-Filme anschauen konnte. Ein ganz spezielles Erlebnis, vor allem auch deshalb, weil wir ohne Fernseher aufgewachsen sind und uns die Chance, ein paar Stunden irgendwo vor der heiligen Kiste verbringen zu können, keinesfalls entgehen lassen wollten. „Of Bsuech go“ war ganz weit oben auf meiner Liste. Als Amerikareisender habe ich in den letzten Monaten erfahren, wie schön es sein kann, nicht „of Bsuech z’go“, sondern „Bsuech öberzcho“. Es tut gut, als Alleinreisender seinen Beifahrersitz ab und zu für einen Roadtripbuddy freizuräumen, mit jemandem seine Eindrücke teilen, diskutieren und gemeinsam dieses Land geniessen zu können. Jonathan, mein Berner Studienkollege und regelmässiger freundschaftlicher Kontrahent in intensiven Polit- und Gesellschafts-Zweierdebatten in allen möglichen Zürcher Cafés hat sich als letzter ein Herz gefasst und mich einsam Trippender in den USA besucht. Die 46 Grad am Sky Harbor International Airport in Phoenix, Arizona, und die nur mässig gut funktionierend Klimaanlage in unserem Mietwagen bescherten uns einen verschwitzten Auftakt in den zweiwöchigen Roadtrip durch Arizona, die Nationalparks Utahs, die Area 51 Gegend in Nevada und die kalifornische Sierra Nevada bis hinunter ins kühle San Francisco.

Auf unserer Fahrt Richtung Utah machten wir noch einmal Halt in Flagstaff. Wir buchten last minute all unsere Campgrounds und Motels, assen uns durch die verschiedenen kulinarischen Highlights meiner „alten“ amerikanischen Heimat und fuhren hinauf zu den weiten Grasfeldern am Fusse des Humphreys Peak, von wo aus man einen fantastischen Ausblick über das nördliche Arizona bis hin zu den Rims des Grand Canyons hat.

Sonnuntergang am Fusse des Humphreys Peak: ein farbintensiver Naturgenuss…

  

Die drei architektonischen „Highlights“ von Flagstaff: das Weatherford Hotel im Zentrum der Altstadt, das 1892 fertiggestellt wurde und den Titel des ältesten noch ganz stehenden Hauses im historic downtown trägt; das „Old Main“, das Herzstück des NAU-South Campuses und ältestes Universitätsgebäude in Flagstaff; das moderne „Union Building“ und die Louis-Statue im Zentrum des NAU Geländes…

   

Es wurde beinahe ein wenig emotional für mich, als wir am dritten Flagstaff-Tag unsere Koffer packten und die Stadt in Richtung Grand Canyon verliessen. Ich habe Flagstaff in den letzten Monaten einige Male verlassen. Diesmal aber war der Abschied etwas endgültiger als die letzten Male. Ich kehre wohl nicht so schnell wieder hierhin zurück, und ich glaube, dass ich die kleine Stadt mit den hübschen Backsteinbauten, dem imposanten Humphreys Peak und meinem Lieblings College ab und dann etwas vermissen werde.

Der Grand Canyon mit all seiner wuchtigen Schönheit und der Mather Campground am South Rim, auf dem wir mit grossem Glück noch einen freien Spot fanden, trösteten mich über den Abschied hinweg. Jonathan brachte es am Ende unserer zwei Grand Canyon Tage auf den Punkt: der riesige Graben im nördlichsten Ecken Arizonas ist ganz einfach „vielseitig einzigartig“.

Die Wanderung hinunter zum Colorado River und zurück machten wir wegen den hohen Temperaturen und unserem etwas engen Zeitplan nicht. Auf dem Grandview und dem Bright Angel Trail wagten wir uns aber ein paar Kilometer in den Canyon hinab und waren beeindruckt von der auch für mich neuen Perspektive auf die Rims und Gräben. Ebenfalls „neu“ war der wunderschöne Sonnenaufgang, den wir morgens um 5 vom Mather Point aus bewunderten…

  
  
  
  
  

Wohl rund ein Dutzend Mal habe ich den Grand Canyon in meiner Zeit im Südwesten besucht. Jedesmal war ich begeistert, entzückt, beeindruckt. Gesehen habe ich längst nicht alles: ein Flussfahrt den 180 Meilen langen Colorado-Abschnitt hinunter; eine Wanderung von Rim zu Rim; die Havasu Falls im Westen des Nationalparks; der Skywalk, den die Yavapai-Indianer in den Canyon hinausgebaut haben und auf dem man sich die Schlucht knapp einen Kilometer über dem Abgrund durch einen Glasboden betrachten kann: das alles sind gute Gründe, bald einmal zurückzukommen…

   
   
   

„Bereits einmal gesehen“ hatte ich unseren nächsten Roadtrip-Stop: Page, eine an sich öde Kleinstadt im nördlichsten Ecken Arizonas. Gerade im landschaftlich paradiesischen Südwesten der USA aber soll einem der Umstand, dass man etwas „bereits einmal gesehen“ hat, nicht davon abhalten, immer und immer wieder hinzugehen und einem bereits bekannte Gegenden und Orte neu zu entdecken. Der Lake Powell Stausee, der Horseshoe Bend und die Slot Canyons, die vor den Toren von Page für einige der szenischen Top-Highlights der USA sorgen, werden (mindestens mir) nie verleiden…

1) Der Glen Canyon Staudamm, der den Lake Powell staut; 2) Sonnenuntergang über der Cove Area des Lake Powells; 3) unsere „dekonstruierten / post-strukturalistischen“ Spiessli; 4-6) Szenen am Horseshoe Bend…

  
  

Für all jene die sich auf einer ihrer nächsten Reisen in die Weiten des American South West wagen möchten, hier ein kleiner (an sich relativ offensichtlicher) Tipp: die ohnehin beeindruckenden Landschaften lassen sich in der Abenddämmerung und besonders bei Sonnenuntergang auf noch intensivere Art erleben als bei Tageslicht. Der Horseshoe Bend ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Am schönsten präsentiert er sich eindeutig im Morgenlicht…

   

Ein paar Meilen südlich von Page in einem kleinen, lachsfarbenen Kabäuschen haben wir uns einen Tag nach unserem Chill&Grill Day am Lake Powell bei einem mürrischen Navajo einen Permit für die Wanderung durch den Waterholes Canyon gekauft. Der Waterholes Canyon, dessen westliche Schluchten ich im November auf einem Canyoneering Trip kennengelernt habe, lässt sich im östlichen Teil ganz ohne Seil und ohne Kletterausrüstung durchwandern. Wir stiegen hinab in die engen Sandsteingassen des Canyons und voilà: ich denke, die Bilder sprechen für sich selbst; dieser Ort ist einer der Hauptgründe, weshalb ich den American Southwest im rein landschaftlichen Sinne über alles Liebe…

  
  
  

Eine Liebeserklärung im Hochformat…

   
   
   

Von dieser fast schon tiefgründigen Liebe zu einer ganz anderen, eher oberflächlichen, aber nicht minder imposanten Begegnung: von Page aus wagten wir den Drive ins höllisch heisse, weil tiefer gelegene und der Sonne gnadenlos ausgelieferte Utah. Bei meinem letzten Besuch im Dezember waren fast sämtliche Nationalparks wegen starkem Regen- und Schneefall geschlossen. Um etwas kühlenden Regen wären wir jetzt im Juli mehr als froh gewesen. Doch, Niederschläge blieben trotz den sich auftürmenden Wolken aus, und wir kämpften mit den grausigen Temperaturen (geschätzte 45 Grad den Tag durch) und der erbarmungslosen Trockenheit im Arches National Park, dem ersten Must-Do unseres Utah Trips. Die steinigen Arches, Natural Bridges und feurigen Felsschuppen im sympathisch kleinen Park habens in sich. Als sich die Sonne am ersten Abend im Arches NP hinter den Bergen verzog und den „Delicate Arch“ (Bild 1) in orange-goldenes Licht tünchte, kam mir in den Sinn, was Sean – einer der NAU Outdoor Guides, mit denen ich im November in Arizonas Slot-Tälern umher canyoneerte – über Utah sagte: „this place is an unfuckingbelievably beautiful wilderness playground“…

  
  
  
  
  

Sean, man verzeihe ihm die unzimperliche Wortwahl, hatte mehr als Recht: Utah – das zeichnete sich bereits im Arches National Park ab – ist schlicht „unfuckingbelievably beautiful“…

   
   

So long ond Grüess us San Francisco…

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Crustcrawlers and other Minorities

Das Del Taco Restaurant auf einem der riesigen Parkplatz-Shopping-Fastfood-Komplexe in den Suburbs der Kleinstadt St.George im südlichen Utah ist kein besonders inspirierender Ort. Die Ventilatoren an der farbig bemalten Decke fächern mir stickig-kühle Luft ins Gesicht. Das rhythmische Piepsen der Mikrowellen und Frittierpfannen in der Fastfood-Küche erinnert mich an meinen Natel-Wecker, nur, dass es hier keinen „Snooz“-Button gibt, mit dem ich das schläfrige Geräusch zum Verstummen bringen könnte. Die Leute rund um mich verdrücken klebrige Burritos und Tacos. Gerade gut schmecken die nicht. Doch, „they do the job“, sie lassen einen den Hunger für eine Weile vergessen. „Do the job“, das ist vielleicht gar keine so schlechte Beschreibung für vieles, dem man hier in diesen städtischen Suburbs begegnet. Man kriegt hier praktisch alles, wird von riesigen Supermarkt-Ketten umworben, hat die Wahl zwischen zahllosen Imbiss-Restaurants, die mit blinkenden Tafeln auf ihre neuen Menus aufmerksam machen. Billige Hotelketten locken mit den „best rates in town“ und „heated indoor pools“. Versicherungsgesellschaften und Banken beraten in dahingeklotzten Neubauten ihre Kunden und wer will kann sich für 29.95 um die Ecke die Zähne polieren und schnellbleichen lassen. Fastfoodketten, Mega-Supermarkets, eintönige Small-Business Gebäudezeilen, blinkende Werbetafeln, frisch gestrichene Roadside-Motels: sie alle „do the job“, nur leider ohne Charme und Stil. In diesen dicken Konsum-Crusts, die in den USA so manche Stadt hemmungslos umstellen und mit ihrer 24/7-Mentalität zu überrollen drohen, würde es sich problemlos leben lassen. Man könnte sich jeden Tag mit einem neuen „Burger n’Fries“ oder einem „Crunchy Taco Menu“ kulinarisch verwöhnen, hätte die Wahl zwischen Walmarts, Albertson’s und Target, könnte Chevy-Pickups und Dodge-Offroaders leasen, sich von „Super Clips“ oder „Great Cuts“ die Haar stutzen lassen, sich im „13 Screen Cinema Multiplex“ die nötige Ration Kultur verpassen und danach für 25 Dollar in einem unterkühlten Motel-Room mit Flachbildfernseher und Highspeed WiFi unterkommen. Crustcrawling nenne ich diesen Lebensstil, dem ich in den vergangenen Monaten selbst ab und dann gefröhnt habe und der für viele Kleinstadt-Amerikaner tragischerweise zur bitter-süssen Alltagsrealität gehört. Crustcrawling „does the job“, nur eben ohne Charme und ohne Stil. Und ausgerechnet hier, in diesen elend-allesbietenden Crusts, habe ich gelernt, dass ein gewisser Charme und Stil wohl gerade beim Einkaufen, beim Essengehen oder beim Kulturkonsum, bei all diesen alltäglichen Kleinigkeiten, eine unersetzliche Rolle spielen.

In den vergangenen Wochen hatte ich ein paar interessante „Begegnungen“ mit amerikanischen Bevölkerungsgruppen, die in der einen oder anderen Form aus dieser monotonen Crust-Mentalität ausbrechen; Minderheiten, die man in der steril-heilen Welt der Crusts nur ungerne sieht oder die sich mit ihrem mikrigen Dasein inmitten der blinkenden Werbewelt nicht zufrieden geben wollen.

Eine der bemitleidenswerteren Minderheiten hier im amerikanischen Südwesten sind die Navajo-Indianer. Ende des 19ten Jahrhunderts wurden ihnen von der US-Regierung ein Reservat anderthalb Mal so gross wie die Schweiz zugeteilt. Die „Navajo Nation“ erstreckt sich über grosse Teile der Wüstengebiete Arizonas, New Mexicos und Utahs. Es ist ein an sich schönes Gebiet mit unzähligen Canyons, feurig Roten Berg-Ketten und weitläufigen Prärien. Ohne Wasser aber lässt es sich in dieser desert zone kaum leben. Bei den Gebietsverhandlungen im Vorfeld der Gründung der Navajo Nation beharrte die US-Regierung aber darauf, sämtliche Ansprüche auf das Wasser der durch die Navajo Nation fliessenden Flüsse für sich zu behalten. Die Navajos gingen leer aus, und mussten sich seit jeher mit Ziehbrunnen, Regen-Zisternen oder teuer erkauften Nutzungsrechten abfinden. In einer Sendung auf meinem Lieblingsradiosender NPR wurde die Wasserversorgungs-Situation in der Navajo Nation letztens zum Thema gemacht. Anscheinend leben noch heute weit über 60 Prozent aller Navajos ohne fliessendes Wasser. NPR hat einen Familienvater interviewt, der wöchentlich zweimal 120 Meilen mit seinem Pick Up zurücklegt, um seine vier Wasserkanister mit frischem Trinkwasser aufzufüllen. Auch sonst müssen die Navajos oftmals untendurch. Die Krebsrate in der Navajo Nation ist laut NPR 7mal (!) höher als in den restlichen USA. Einer der Hauptgründe dafür ist wohl der weit über den an sich zugelassenen Messwerten liegende Uranium-Gehalt im Grundwasser und der Luft. Noch heute wird auf der Navajo Nation in Open Pit Mines nach dem gefährlichen Element gegraben, ohne die gesundheitlichen Risiken für die Anwohner der Minen zu berücksichtigen. Auch fehlte den Navajos lange Zeit die nötige Unterstützung, um ein gut funktionierendes Bildungssystem auf die Beine zu stellen. Bis 1974 gab es im ganzen Reservat (again, anderthalb Mal so gross wie die Schweiz) nur gerade zwei Schulzentren. Im Extremfall legten Familien bis zu 160 Meilen (254 Kilometer) am Tag zurück, um ihre Kinder zur Schule zu bringen. All diese Umstände scheinen befremdlich in einer Nation, die sich selbst weit weit vorne sieht, wenn es um Lebensstandard und modern development geht. Gemessen am Umgang mit ihren indianischen Minderheiten müsste man den USA ein weitaus weniger schmeichelhaftes Zeugnis ausstellen.

Eine andere Minderheit, von der ich mir gar nicht so sicher bin, ob es sich wirklich um eine Minderheit handelt, sind die amerikanischen Patrioten, die patriots, denen man ab und dann in allen möglichen Formen begegnet. Es sind mittelalterliche Männer, die einem beim Spaziergang durch den Petrified Forest National Park anschreien und als „third world country bastards“ beschimpfen, wenn man sich mit einem norwegischen Begleiter auf Englisch über das Schweizer Waffengesetz unterhält. Es sind nicht mehr ganz nüchterne „true American“-Cap Träger in schummrigen Bowling Alleys, die die komisch sprechenden Bahn-Nachbarn schief und teils fast feindlich begutachten. Es ist Tim Pawlenty, einer der republikanischen Herausforderer Obamas für das Präsidentschaftsamt, der in einem seiner Video-Ads verspricht, „America, the best nation this world has ever known“ wieder auf den right track zu führen. Oder es sind junggebliebene Mitdreissiger, die einem am 4th of July, dem amerikanischen Nationalfeiertag, aus einem vorbeifahrenden Party-Bus „God bless America“ zurufen und mein scheues Handheben mit einem „what are you, European?!“-Gelächter quittieren. Amerikanische Patrioten; sie unterscheiden sich wohl kaum von den unseren. Und doch sind sie irgendwie beachtenswert. In den Gesprächen, die ich mit den redewilligen ihrer Sorte geführt habe, schien immer wieder durchzuschimmern, worin ihr ungebrochener Glaube an die Stärke und Einzigartigkeit „ihres“ Landes fusst. „This is the best country in the world, because of its freedom“, so sagte es Don, der Captain der Isle Royale Ferry, der mich auf sein Schiff eingeladen hatte, um die Nacht nicht in meinem Zelt durchfrieren zu müssen. Und dieser Glaube daran, dass dieses Land das beste sei, und dass es das beste sei, weil es einem Freiheit biete; dieser Glaube ist es, worauf der amerikanische Patriotismus zu wachsen scheint. Es ist eine an sich hohle, eine leere Ideologie, die die Amerikaner stolz macht. Wieso überhaupt sollen wir die besten sein? Wovon sind wir frei? Und wofür? Diese Fragen stellt man sich kaum. Man glaubt brav an den von Tim Pawlenty und Konsorten vorgekauten Freiheitsgedanken und stimmt ein in den Jubel, der Amerika zu dem macht, was es in vielen Bereichen doch eigentlich gar nicht ist.

Und wenn ich hier schon so all-weise zum kulturkritischen Rundumschlag aushole, dann erlaube ich mir, die dritte mir in letzter Zeit auffallende Minderheit nicht von der wohl etwas plakativen und nicht böse gemeinten Kritik zu verschonen. Die evangelikalen Christen Amerika’s sind jene Minderheit, denen es am besten gelingt, sich als dominante Mehrheit zu verkaufen, der man besser nicht in den Weg tritt. Laut Statistik sind zwar nur gerade knapp 20 Prozent der Amerikaner „Evangelicals“. Wenn man sich aber die Dichte der evangelikalen Kirchen im Land anschaut, oder wenn man sich auf einsamen Autofahrten durch die Radiosender switcht, dann erhält man den Eindruck, als sei dieses Land voll von Menschen, die den teils doch eher zweifelhaften Lehren evangelikaler Priester nacheifern. Die Idee, die Bibel ohne hierarchisches Vorgekäu durch den Vatikan oder sonstige christliche Institutionen zu interpretieren, der Grundstein des Protestantismus also, wird hier so ausgelebt, dass die resultierenden Lehren zum Teil in hochexplosiven politischen Aussagen gipfeln, die mich nur schon beim blossen Zuhören rasend machen. Wenn in Freikirchen (ich habe in den vergangenen Monaten drei besucht: in Los Angeles, in Houston und in Rapid City) die Rede von der Gefahr von Darwin’s Evolutionslehre die Rede ist, die den Menschen zum Affen mache und behaupte, dass Delfine vor Millionen von Jahren plötzlich das Land erobert hätten, dann ist das ungebildet und hohl. Wenn in kleinen Ortschaften am Strassenrand mit riesigen „God loves your foetus“ und „Abortion is homicide“ Schildern auf das verbrecherische Wesen aller Abtreibungs-Befürworter aufmerksam gemacht wird, dann ist das auffällig. Wenn aber in national ausgestrahlten Radiosendungen von AFR (American Family Radio, einer der grössten christlichen Radiosender im Land) erzählt wird, dass man sich keine Sorgen um die Erderwärmung machen müsse und dass man die Umwelt selbst nicht schützen müsse, weil alles was rund um uns passiert zu Gottes Plan gehöre, dann ist das schlicht gefährlich. Es ist diese Vermischung von frei interpretiertem christlichem Glauben und hochbrisanten politischen Themen, die mir zu Denken gibt. Menschen sollten glauben dürfen, was sie wollen, solange sich ihre religiösen Überzeugungen nicht in greifbar gefährliche politische Grundsatzannahmen verwandeln. In den USA scheint mir die Trennung zwischen Politik und Religion, mindestens im diskursiven Umfeld der evangelikalen Christen, nicht klar genug zu verlaufen. Und es scheint mir, als vermischten sich hier zwei Gebiete, die in der aufgeklärten und modernen Welt unbedingt und ohne Ausnahme klar voneinander getrennt bleiben müssen. Wenn Michele Bachmann, die als republikanische Tea Party Vertreterin ins politische Rennen ums Präsidentschaftsamt gestiegen ist, bei ihren Wahlveranstaltungen in die Menge schreit, dass der Mensch und Amerika nichts für die Klimaerwärmung könnten und dass man sich keine Sorgen um die Natur machen müsse, und wenn dann tausende american patriots begeistert zurückjohlen, dann wird die Gefahr dieser Vermischung greifbar und in ihrer Unmittelbarkeit erst ersichtlich. Dieses pervers übersteigerte evangelikale Denken darf nicht Einzug in die nationale Politik Amerikas halten. Und auf keinen Fall soll es dem internationalen Dialog über Umweltschutz und Klimaerwärmung in die Quere kommen. Denn gerade für seine unglaublichen Landschaften und seine wunderschöne Natur ist Amerika liebens- und bereisenswert. Doch dazu next time.

Wenigstens für ihre vor den Kirchen stehenden Werbetafeln möchte ich den ja nicht immer bitterbösen Evangelikalen Credits geben. Die Church-Slogans für sich sind teilweise doch recht originell. Hier ein kleiner Zusammenschnitt meiner persönlichen Favorits…

  
  
  
  So long!

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A Place Without Its People

Wenn ich an der 700 South Blackbird Roost, APT 20 am Abend jeweils an meinem Fenster sass und meine Kellogs Special K Flakes crunchte, wünschte ich mir manchmal eine bessere Aussicht als das eher triste Bild, das sich mir da vor meinem Fenster bot. Alles, was ich von meinem Zimmer aus sah, war der Pine View Village Parkplatz, die graue Rückwand einer Auto-Werkstatt, eine Tanne und das gelb leuchtende „Travel Inn“-Signet, das etwas Farbe in den eintönigen Ausblick brachte. Irgendwann einmal werde ich als Tourist nach Flagstaff zurückkommen, dachte ich mir, und dann werde ich in diesem sympatisch gelben Travel Inn absteigen und herausfinden, ob die Aussicht von dort drüben besser ist. Und jetzt sitze ich „dort drüben“ am Fenster, im zweiten Stock des gelben Travel Inns, und schaue aus dem Fenster. Die Aussicht ist ganz ok. Ich sehe die vier Spuren der Route 66, die zwischen hier und meinem ehemaligen Zimmer durchbrausen. Ich sehe die ewig langen Güterzüge, die hinter der Pine View Village durchrattern. Ich sehe den waldigen Hügel hinter den Gleisen, auf dem das Lowell Observatory steht (von wo aus man 1930 den Pluto entdeckt hat). Ich sehe den wie immer strahlend blauen Himmel und den Humphreys Peak, der auch ohne weisse Schneespitze schön und friedlich 3000 Meter hoch in den Himmel ragt. Ich sehe Flagstaff, wie ich es kennen und schätzen gelernt habe, und ich bin glücklich, nach meiner langen Reise wieder hier angekommen zu sein. Ich habe manchmal den Eindruck, als sei ich wieder zu Hause, als sei alles vorbei, als sei ich dort, wo ich hingehöre. Das ist ein gutes Gefühl. Es macht mich ein wenig stolz, dass ich mich hier in dieser gewöhnlichen amerikanischen Kleinstadt so gut einleben konnte. Es ist aber auch ein komisches Gefühl, wieder hier zu sein, an dem Ort, den ich so gut kenne, ohne all die Menschen, die ich kannte. All meine „Flaggstaffians“ sind weg. Es ist niemand mehr hier von meinen Mit-Studenten, vom international team oder von meiner Basketball Truppe. Sie sind alle weg, zurück in Australien, der Schweiz, England, oder über den summer break bei ihren Eltern irgendwo sonst in den USA. Flagstaff im Juni ist für mich ein „place without its people“. Und es lässt mich spüren, dass es wohl nicht Orte sind, die einem „Heimat“ vermitteln, sonder Menschen. Und so freue ich mich, in gut fünf Wochen zu euch zurückzureisen, dorthin, wo ich zuhause bin.

Mein Zimmer im Travel Inn habe ich in den vergangenen zwei Tagen in eine faktische Lagerhalle „umdekoriert“, mit all meinem Stuff, der sich bis hierhin in meinem Subaru angesammelt hat. Eine grosse Plastikkiste voller Kleider, zwei Laptops, 28 Kilo Bücher, zwei Dutzend CDs, eine Gschänkli-Tasche, mein Camping-Equipment, meine „Küche-Im-Sack“, meine Schuschachtel-Papeterie, meine Nostalgie-Box, meine Kamera-Ausrüstung, mein Wöschsack und meine Quarter-Sammlung (die ist inzwischen übrigens komplett!). Einmal mehr staune ich darüber, was sich in einem Kofferraum alles ansammeln kann, auch wenn man sich Mühe gibt, möglichst nichts anzusammeln. Und so sitze ich hier, umgeben von all dem „Stuff“, der bis vorgestern im Subaru stapelte. Der Stuff ist mir geblieben, der Subaru nicht. Ich habe ihn heute Nachmittag nach acht treuen Monaten und weit über 20’000 klapprigen Meilen verkauft.

Der Entscheid, den Subaru in Flagstaff loszuwerden und von hier aus den letzten Abschnitt meiner Reise per Mietauto anzutreten, fiel mir nach den letzten paar Wochen nicht sehr schwer. Die Probleme mit dem Getriebe scheinen sich während den letzten paar Roadtrip-Tagen noch einmal deutlich verschlimmert zu haben. Insbesondere auf den Passstrassen in den Rocky Mountains machte mir der Subaru deutlich, dass er wohl nicht mehr lange kann und dass ich ihn besser frühzeitig in den Ruhestand schicke. Das schüttelnde und ratternde Auto hat mir stellenweise fast leid getan. Und meine Erinnerungen an die Abschleppaktion mitten in der Wüste Arizonas im letzten Dezember mahnten mich, dass ich bezüglich meinem Subaru besser den „safe way“ wähle. Mit dem leeren und blank geputzten Subaru fuhr ich heute Nachmittag zu Gus, jenem Dealer, bei dem ich meinen japanischen Freund im November gekauft hatte. Ich hatte Mühe, die Pokerface-Verhandlungs-Rolle zu spielen, weil ich ganz genau wusste: wenn Gus das Auto testfährt und merkt, wie stark alles schüttelt und rattert, dann schaut für mich kein roter Rappen raus. Ich blieb also vorsichtig, als er mich fragte, was für preisliche Vorstellungen ich denn habe. „Why don’t we take it for a test-ride, and then talk about it“, schlug ich tapfer vor, im Wissen darum, dass dieser Test-Ride eine verkaufstechnische Hochrisiko-Aktion darstellte. Gus nickte und nahm mich mit auf den alles entscheidenden Kurz-Trip. Gut zehn Minuten fuhren wir, bergab, bergauf, auf den Highway, durch das Villen-Quartier, mal schnell, mal langsam, dann zurück zu Gus. Und zum allerersten Mal seit Wochen fuhr mein Subaru, als wäre er in seinen besten Jahren, als hätte er nicht 217’000 Meilen auf seinem silbernen Buckel, als gäbe es keine transmission problems. Kein Schütteln, kein Rattern, kein Rütteln, nichts. Ich war stolz auf mein Auto, das mir auf dieser letzten Rundreise noch einmal die Treue hielt und mitpokerte. Nach der Diagnose der Subaru-Mechaniker in Toronto, die mir deutlich sagten, es sei wohl bald an der Zeit „to get out of the car“ und nach all den ratternden Meilen habe ich nicht mehr gedacht, das Auto einigermassen profitabel loswerden zu können. Und dann stand ich plötzlich in Gus’s Office, unterschrieb den Rückkaufsvertrag, zählte die 30 Hundertdollar Noten durch und machte mich schleunigst aus dem Staub. Beim Hinauslaufen klopfte ich dem Subaru dreimal auf die Hube. „Thanks mate“, flüsterte ich leise, und verschwand um die Ecke.

Am Vorabend der „Trennung“ nahm ich mein Auto noch einmal mit zum Grand Canyon. Auf der Rückfahrt machte ich mir ein paar Gedanken über die absurden Beziehungen, die man als Mensch zu Objekten aufbauen kann. Und wenn ich mir das jetzt so überlege, dann glaube ich, dass mein Subaru vielleicht doch mehr war als eine launische Klapperkiste. Immerhin hat mir das Auto manchmal fast ein wenig das Gefühl von Heimat vermittelt, als wäre es für eine Weile mein rolling home, mein mobiles Zuhause gewesen…

      

Der Grand Canyon, übrigens, hat in der Zwischenzeit nichts von seiner Magie verloren. Ich glaube, ich könnte ein Leben lang an diesem Abgrund sitzen und es danach noch immer nicht fassen. Dieser Ort ist, wie ihn mein Lonelyplanet beschreibt, schlicht „larger than life“…

   

So Long!

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Winter Wonderland

Die treue insideusa-Fanbase (wenn es sie denn gibt) erinnert sich womöglich an meine grossen Worte im Anschluss an den Besuch im Rocky Mountains National Park, wo ich mich im letzten August leider ohne Erfolg auf die Suche nach einem Bären gemacht habe und danach optimistisch ankündete: „Ich verspreche, dass ich nicht nach Hause zurückkehre, bevor mir nicht mindestens ein aufrechtstehender Bär vor der Linse durchhüpft.“ Elf Monate habe ich gebraucht, bis ich dieses wohl etwas übereilig gemachte Versprechen nun endlich einlösen kann. Aber, besser spät als nie, ne? Anyway, mehr dazu etwa hundert Bilder weiter unten…

Westlich von Dakota liegt Wyoming, ein beachtlich grosser Rocky Mountain Staat, der einem bei der Grenzüberquerung mit einem „Wyoming, Forever West!“-Schild begrüsst und auf den ersten Blick keinen Zweifel daran lässt, dass die Wyomings ihr Motto ernst nehmen. Cowboy-Hüte und Lederstiefel sind Standard in den weiten Strassen der Roadside-Ortschaften, an denen man auf dem Weg in die Rockies vorbeikommt. Die Downtowns der Dörfer sind mit diesen klassischen Holzfassaden bestückt, die weit über die eigentlichen Gebäude hinausragen und mit in Gothic Lettern geschriebenen Slogans („Coin Laundry, 99 Cents“, „McGonogough Groceries“ etc.) verziert sind. Es ist eine friedliche Gegend, das ländliche Wyoming, und eine politisch mächtige. Nicht, dass hier Präsidentschaftswahlen entschieden oder weitreichende politische Entscheide gefällt würden. Aber, die Bewohner Wyomings haben pro Kopf einen so hohen politischen Einfluss wie niemand sonst im Land. Wie das geht? Very well then, ein kurzer Sidestep zum US-Polit-System kann ja nicht schaden: jeder der 50 US Staaten schickt zwei Senatoren nach Washington (in den „Senat“), die in der Hauptstadt die Interessen ihrer Region vertreten. Die zwei Senatoren sind gesetzt, egal, wie gross oder klein ein Staat ist. Zusätzlich erhält jeder Staat eine bestimmte Anzahl Repräsentanten, die ebenfalls nach Washington (in das „House“) geschickt werden. Pro 650’000 Einwohner gibt es einen Repräsentanten. Wyoming hat aber nicht 650’000, sondern nur 560’000 Einwohner. Die Verfassung schreibt dennoch vor, dass jeder Staat mindestens einen Repräsentanten zugesprochen bekommt. Um im „House“ eine Stimme zu haben, brauchen also alle Staaten mindestens 650’000 Einwohner, ausser Wyoming, das sich mit „nur“ 560’000 Köpfen einen Repräsentanten leistet. Die Wyomings sind somit offiziell „over-represented“, und mächtig stolz darauf.

Doch, die politische Macht der Cowboys hier war nicht der primäre Grund meines Besuchs. Gekommen bin ich wegen dem Yellowstone National Park im Nordwesten des Staates. Farbige Geysire, massenhaft Bären und Elche, tiefe Canyons und tosende Wasserfälle: meine Erwartungen waren ziemlich hoch. Wyoming ist aber nur schon auf dem Weg zum eigentlichen Touristen-Hotspot ein wunderschöner Staat. Faszinierend fand ich etwa den „Devil’s Tower“ (Bilder 1-3) ganz im Osten Wyomings. Der Magma-Kegel erhebt sich mitten im Nichts gut hundert Meter hoch in den Himmel und gibt heute noch Rätsel über seinen Ursprung auf. Überrascht wurde ich von den sehr kalten Temperaturen und dem meterhohen Schnee, der vielerorts noch auf den Feldern lag…

  
  

Ein besonderes Städtchen im Hohen Norden Wyomings ist Cody, das Epizentrum der 21st Century Rodeo-Kultur. Das „Cody Nite Rodeo“ ist offenbar seit Jahrzehnten ein Klassiker und bei Durchreisenden so beliebt, dass der Bus-Parkplatz vor den Eingangstoren des Rodeo-Stadiums grösser ist als jener vor dem gegenüberliegenden Wal-Mart. Hierzulande heisst das was. Ich habe mich durch die Massen von Deutschen, Engländern und East Coastlern gedrängt und mir auf den vorderen Rängen einen gemütlichen Sitzplatz erobert. Mit einem „pulled pork sandwich“ und ungesalzenem Popcorn gewappnet verbrachte ich die nächsten drei Stunden damit, abwechslungsweise meine Stirn über die primitiven Pausenclowns zu runzeln und die hartgesottenen Kerle zu bewundern, die da unten in der sandigen Manege von allen möglichen Tieren durch die Luft geschleudert und halb zu Tode getrampelt wurden. Ave, Samuel, morituri te salutant…

  

Die Anfahrt von Cody zum Yellowstone Nationalpark ist spektakulär. Links und rechts des schmalen Highways ragen riesige Felswände in die Höhe, enge Einbahn-Tunnels tragen das Übrige zum Fahrspass bei (hupen, hoffen, fahren) und dann ist da noch der Buffalo Bill Cody Dam, der einstmals höchste Staudamm der Welt, von dem aus man einen leicht verängstigenden Blick in die tiefe Schlucht des Shoshone Rivers werfen kann.

Der Yellowstone Lake im Zentrum des Nationalparks war bei meiner Ankunft (und zu meinem Erstaunen) zu weiten Teilen gefroren. Der Park liegt auf deutlich über 2000 MüM, was ich irgendwie nicht miteinberechnet hatte. Der Canyon Village Campground, auf dem ich für vier Nächte einen Zelt-Platz gebucht hatte, wurde in der Nacht vor meiner Ankunft von einem Meter Neuschnee zugeschüttet, so dass mir nichts anderes übrig blieb, als die erste Yellowstone-Nacht im Subaru zu verbringen und im Morgengrauen loszufahren, um auf einem der weniger hoch gelegenen „first come first serve“ Campgrounds ein Plätzchen zu finden. Ich hatte Glück und fand auf dem Norris Campground einen gemütlichen Spot.

1&2) Der zugefrorene Yellowstone Lake, 3) auf dem Weg zu meinem Campground geriet ich in einen „Büffel-Stau“. Das Tier nahms gemächlich und scherte sich wenig um die wohl über hundert Autos, die sich seinem langsamen Tramp ungeduldig anpassen mussten, 4&5) 1 Meter Neuschnee und Minustemperaturen verdorben mir in der ersten Nacht den Camping-Spass, bevor ich mein Lager am nächsten Morgen auf dem etwas wärmeren Norris Campground (6) aufschlagen konnte…

  
  

On Day 2 hikte ich entlang den Rims des Yellowstone Canyons; eine faszinierende Schlucht mit donnernden Wasserfällen und gelb-rot eingefärbten Felsen, die dem ältesten Nationalpark der Welt wohl seinen Namen gaben…

  
  
  
  

Ein besonderes Vergnügen ist der „Uncle Tom’s Trail“, der auf einer steilen Treppe vom Canyon-Rim hinunter in die Schlucht führt, und dessen eiserne Stufen sich unter der keuchenden Masse der sich hinab und hinauf schleppenden Touristen in den vergangenen Jahren bedrohlich verbogen haben…

   
   
   

Auf dem Rückweg zum Parkplatz begegnete ich einem Koyoten, dessen Jagd-Schedule offensichtlich durcheinander geraten war und der am helllichten Tag über die Felder rund um den Canyon streifte…

  

Ich hatte meinen Tagesplan so ausgelegt, dass ich pünktlich zum Sonnenuntergang beim Norris Geysir Basin ankam. Die Region ist tagsüber überfüllt mit chinesischen (und anderen, aber vor allem chinesischen) Touristen, die in „America Asia“ und „All About America“-Cars hingekarrt und durchgeschleust werden. Am Abend aber ist das Norris Basin menschenleer. Ich hatte die unglaubliche Stimmung ganz für mich. Es schneite, und doch war es im abendlichen Geysir-Dunst irgendwie angenehm warm. Die Farben, die Dämpfe, die Konturen der abgebrannten Tannen, der Schwefel-Geruch und das dumpfe Gurgeln der heissen Quellen: es war unbeschreiblich schön…

  
  
  
  

Es ist ein gutes und beruhigendes Gefühl, nach elf Monaten „on the road“ noch immer an Orte zu kommen, die einem mit ihrer Schönheit den Atem rauben und faszinieren. Das Norris Geysir Basin in der Abenddämmerung ist einer jener Orte…

   
   

Day 3 war mein Geysir-Day. Ich machte mich auf in den Westen des Parks, um mir die spuckenden und gurgelnden Stars des Yellowstones anzuschauen. Der „Old Faithful“ (Bild 10), der pünktlich um 20.16 Uhr ausbrach, ist wohl der Top-Celebrity unter den Geysiren. Fast noch mehr beeindruckt haben mich aber der „Grand Prismatic Spring“ (Bild 3) und der „Morning Glory Pool“ (Bild 7). Der Grand Prismatic Spring ist die grösste heisse Quelle Nordamerikas und offenbart ihre farbige Schönheit erst richtig, wenn man sie aus der Luft betrachtet. Hier ein Blick auf die Quelle aus der Vogelperspektive. Wie aus einer anderen Welt, nicht?

  
  
  
  

Die „Farben“ der heissen Quellen sind offenbar nichts anderes als verschiedenartige Algen und Mikroorganismen, die sich je nach Wassertemperatur anders „verhalten“…

   
   
   

Etwas weniger spektakulär, dafür fast schon bemitleidenswert, sind jene Geysire, die im Laufe der Zeit vom Yellowstone Lake „verschluckt“ wurden und jetzt leise und eintönig unter der Wasseroberfläche vor sich hinsprudeln…

  

Trotzdem, irgendwie hat auch die etwas eintönige Landschaft entlang des Yellowstone Lake Ufers ihren Reiz. In einem der See-Arme habe ich zwei Otter gesehen, die auf dem Rücken schwimmend kleine Äste und Seegras transportierten…

   
   

Aber, wen interessieren schon zwei Otter, wenn man on Day 4 auch den „real deal“ haben kann? Day 4 wär mein Bären-Tag. Unverhofft begegnete ich im Laufe des Tages insgesamt sieben Grizzly- und zwei Schwarz-Bären. Aus sicherer Distanz betrachtet sind diese riesigen Wurzel-Fresser richtig „härzig“. Den „bear spray“, eine Art Super-Pfefferspray, den ich mir in einem Jagd-Shop in Cody gekauft hatte, brauchte ich glücklicherweise nicht. Die Bären zogen es vor, mich kurz anzuäugen und danach weiter nach Wurzeln zu graben, sich auf dem Rücken zu wälzen und – as I promised – auf den Hinterbeinen vor meine Linse zu „hüpfen“. Ich kann im August also mit gutem Gewissen nach Hause kommen…

  
  
  

Die Unterscheidung zwischen Schwarz-Bären und Grizzlies ist in den nördlichen Rocky Mountains gar nicht so einfach, wie mir ein Ranger bei meiner dritten Bär-Sichtigung erklärte. Die Farbe ist nicht entscheidend. Im Yellowstone gibts sowohl schwarze Grizzlies als auch graue Schwarz-Bären. Einer der Hauptunterschiede zwischen den beiden Spezien ist der „hub“ auf den Schultern des Grizzlies, der beispielsweise beim Bären auf Bild 1 deutlich zu sehen ist. Der Bär auf Bild 4 hat keinen „hub“, dafür einen ziemlich hohen Hintern, was auf einen Schwarz-Bären hindeutet. Den Bären auf den Bildern 7-9 habe ich vorläufig mal als Grizzly abgehakt. Was meint ihr? Das Exemplar auf den Bildern 10-12 ist aber trotz seiner braunen Farbe ein Schwarz-Bär, denke ich…

  
  
  
  

Interessant ist die Statistik, die im Yellowstone Newspaper, das einem am Parkeingang überreicht wird, die Titelseite schmückt. Die laut dieser Statistik „most dangerous“ Tiere im Park sind nicht die Bären, sondern die „elk“ („elk“ meint nicht Elch, die heissen „moose“, sondern Damhirsch), dicht gefolgt von den „bison“. Erst an dritter Stelle stehen die Grizzlies. Rang vier gehört den Schwarz-Bären. Ich habe alle vier Begegnungen schadlos überstanden…

  
  

Zum Abschluss meines Yellowstone-Trips fuhr ich an die nordwestliche Grenze des Parks zu den „Mammoth Hot Springs“. Das ausgespuckte Wasser der heissen Quellen in diesem Teil des Parks fliesst über treppenartige Felsformationen und hat diesen Stufenfelsen über die Jahrhunderte eine weisse Kalkverkleidung verpasst. Leider regnete es bei meinem Ausflug ziemlich heftig. Vielleicht war es aber gerade der Regen und die aufziehenden Gewitterwolken, die die Mammoth Hot Springs in eine fast mystische Stimmung hüllten…

  
  

Und dann diese abgestorbenen Bäume inmitten der schneeweissen Kalkfelder: fast ein wenig morbid…

   

On Day 5 verliess ich den Yellowstone Richtung Süden, ratterte durch das prärie-artige Hayden Valley und hinein in den Grand Tetons National Park. Wer von mir schon mal mit einer Postkarte beglückt wurde, der kennt die Grand Tetons: sie sind auf der 98 Cents-Briefmarke prominent abgebildet. In den Tetons sah ich – wenn auch gut versteckt hinter dem dichten Gestrüpp – den ersten Elch meines Roadtrips. Die Wildlife-Liste vervollständigt sich langsam…

  
  

Es war schön in Wyoming, der letzten Station meines Solo-Trips. Ab Anfang nächster Woche erhalte ich Gesellschaft aus der Bundeshauptstadt. Bis dahin habe ich Zeit, mich in Flagstaff etwas auszuspannen, meinen ausgepowerten Subaru loszuwerden und ein paar Blog-Posts, die mir schon lange im Kopf rumschwirren, einzutippen…

   

So long…

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A Lot Of Nothing

„Be warned, there is a lot of nothing in between our coasts“, mahnte mich Rob, als ich ihm auf der Fähre von der Isle Royale zurück aufs Festland von meinen Reiseplänen durch die Great Plains erzählte. Rob kam als Ex-Trucker ziemlich rum in den USA und hat das Land nach eigenen Angaben „hundreds of times“ durchquert. Die Great Plains hätten nichts zu bieten, sagte der bärtige Rentner und begann von der boomenden Metropole Milwaukee zu schwärmen. Doch, boomende Metropolen habe ich in den vergangenen Wochen zur Genüge gesehen. Miami, Washington D.C., New York City, Boston, Toronto, you name it. Und irgendwie freute ich mich auf „a lot of nothing“, auf stille Weiten, flache Steppen und nicht enden wollendes Weideland. Iowa hat mich nicht enttäuscht und seine „Rolle“ als irgendwie unheimliche und nostalgische Gegend gut gespielt. Auf Iowa war ich vorbereitet, hatte meine klaren Vorstellungen und Ansprüche. Von South Dakota hingegen hatte ich praktisch keine Ahnung. Und, wie so oft auf dieser Reise stellen sich gerade jene Orte als absolut fantastisch heraus, von denen ich mir nicht allzu viel erhofft habe. Das stimmte für Chicago, für New Mexico, und nun auch für South Dakota.

Eigentlich wollte ich mich in diesem Post mal wieder von meiner kritischen Seite zeigen, über ein paar neue Beobachtungen und Einschätzungen zu diesem Land und seinen Bewohnern berichten. Ich wollte über die „newborn Christians“ schreiben, über die „urban crust-crawlers“ berichte und von politisch verzerrten Weltbildern erzählen. Ich möchte mich hier nicht nur als begeisterter Reisender präsentieren, der geblendet von der Schönheit der USA über all die düsteren Seiten des Landes hinwegschaut und sich nicht um die Kehrseite der ach so glänzenden Medaille kümmert. Kehrseiten gibt es, zu Hauf, und ich habe sie mir alle notiert, um zu gegebenem Zeitpunkt darüber zu schreiben. Doch, nicht hier, nicht heute. Heute will ich noch einmal als „Geblendeter“ berichten, als Schwärmer und als Träumer. South Dakota lässt nichts anderes zu. Das graue Entchen der Vereinigten Staaten, der weisse Fleck auf meiner Roadtrip-Map ist so viel mehr als „a lot of nothing“. In fact; South Dakota ist „everything“ das ich mir von diesem Trip erhoffte: wilde Tiere, noch wildere Landschaften, ur-amerikanische Pop-Kultur, nette Menschen, ignoranter Patriotismus und Goldgräber-Nostalgie. Dig in!

Meinen Dakota-Trip startete ich in Mitchell, einer Kleinstadt, die zur Zeit grossflächig unter Wasser steht und rund um die Uhr gegen die steigenden Fluten des James Rivers kämpft. Die historische Innenstadt blieb von den Überschwemmungen bisher verschont, so dass ich mir den „Corn Palace“ im Trockenen anschauen konnte. Der Palast, geschmückt mit über10’000 verschiedenfarbigen Mais-Kolben, ist eine der schrägeren Roadside-Attraktionen, denen ich auf den letzten 25’000 Meilen begegnet bin…

  

Westlich von Mitchell beginnt das grosse Nothing, vor dem mich Rob auf der Fähre warnen wollte. Ähnlich wie in Iowa fährt man durch unendliche Weide- und Feldlandschaften. Im Vergleich zu South Dakota kamen mir die ländlichen Gegenden Iowas aber sehr klar strukturiert vor. Die Strassen dehnen sich wie ein geometrisch perfektes Netz über die Landschaft aus. Die Ländereien sind grösstenteils eingehagt und klar voneinander abgegrenzt. In South Dakota fehlen diese Grenzen und Zäune vielerorts, und wenn es sie gibt, dann verlieren sie sich irgendwo im Nichts oder hören mitten in den Feldern plötzlich auf, als seien sie vor Jahrzehnten einmal aufgestellt und dann einfach vergessen worden. Central South Dakota ist wie Iowa, einfach wilder, unorganisierter und – wie mir scheint – vielerorts noch gespenstischer als sein östlicher Nachbar. Mindestens, wenn man sich mitten im Nichts auf privates Gelände wagt, um leerstehende Hütten zu erkunden. Ähnliches Verhalten wurde mir früher in meiner Geschichte schon einmal zum Verhängnis. Aber, keine Angst, in South Dakota fuhr ich mit meinem eigenen Auto vor…

  
  
  

Vielleicht träumt mein Unterbewusstsein seit Langem von einem Leben als Film-Direktor oder als Krimiautor: jedenfalls male ich mir in diesen verlassenen Gegenden jeweils aus, was sich hier alles für erschütternde Schicksale oder packende Geschichten abgespielt haben könnten. Das Haus auf Bild 2 jedenfalls wäre doch ein perfektes Cover-Bild für einen literarisch umgemünzten Steven King Verschnitt?

   

Mitten durch dieses inspirierende Nichts fliesst der zur Zeit stark angeschwollene Missouri River. South Dakota selbst kann die riesigen Wassermassen, die durch die Schnellen beim Oahe Damm schiessen, gut handeln. Weiter südlich aber, in Kansas, Nebraska und besonders in Missouri verursacht der Fluss in diesen Tagen massive Schäden. Der Oahe Damm, der erste Punkt, an dem der Missouri River von Menschenhand „gezähmt“ wird, ist ein guter Ort, um sich die Macht dieser Wassermassen vor Augen und zu Ohren zu führen…

  

Zwischen dem Oahe Dam und dem Badlands National Park – meinem nächsten South Dakota Ziel – lagen etliche Highway-Meilen durch steppenartiges Niemandsland. Stundenlang gerade aus durch Gewitter und Sonnenschein; auch das gehört zum Roadtrippen. Als Randnotiz: auf dieser Strecke habe ich die 25’000 Meilen (40’750 Kilometer) Grenze überschritten. Eine gehörige Portion „street experience“, die ich mir da in den vergangenen Monaten angeeignet habe…

  

Am westlichen Ende South Dakotas erhebt sich die von Weitem sichtbare „Wall“; eine Landschaft geprägt von langsam erodierenden Lehm-Canyons, die entlang der Grenze zwischen der lower und der upper prairie verlaufen und sich in früheren Jahrhunderten einen schlechten Ruf bei durchziehenden Völkern einbrockten. Die Lakota Indianer, die hier unter der Führung von Sitting Bull, Crazy Horse und Red Cloud durch die Gegend zogen, nannten die Region „mako sica“ (schlechtes Land). Die im 18. Jahrhundert ankommenden französischen Fallensteller beschimpften die Gegend als „mauvais pays“ und die modernen Amerikaner einigten sich schnell auf die Bezeichnung „Badlands“. Badlands, weil man hier weder Weideflächen noch Ackerland findet, weil die Region (ohne die modernen Highways) äusserst schwierig zu durchqueren war und weil die Sommersonne täglich mit gut 40 Grad auf die trockenen Lehmhaufen niederbrennt. 1939, noch bevor die ganzen Lehmberge im Zuge des Goldgräber-Wahns weggebaggert wurden, ernannten die Amerikaner die Badlands zum Nationalpark. Nationalparks habe ich auf meiner Reise schon einige gesehen, aber dieser hier, der toppt vieles. Wenn die White Sands den Top-Rang belegen und der Grand Canyon auf Rang zwei landet, dann machen die Badlands das Spitzen-Trio komplett. Die Badlands sind schlicht atemberaubend. Dass ich den Park nach nur einem Tag wegen den aufziehenden Tornados wieder verlassen musste, reute mich sehr. Anyway, I’ll be back…

  
  
  

Die lehmigen Badlands selbst, die der Region ihren Namen geben, dominieren den östlichen Teil des Parks…

   
   
   

Wer sich bei der Ranger Station einen „backcountry permit“ holt und auf vorgetrampten Wegen ins Hinterland wandert, findet sich bald in weitläufigen Steppen wieder, die bei meinem Besuch unter den sich bedrohlich zusammenziehenden Wolken zusätzlich an Dramatik gewannen…

  
  
  
  

Knapp vier Stunden bin ich durch die Prärie gezogen, und bin nicht einem Menschen begegnet…

   
   

In diesen weiten Steppen (wo übrigens Teile des Westerns „Dances With Wolves“ („Der Mit Dem Wolf Tanzt“) gedreht wurden) begegnete ich allerhand wilden Tieren. Und wenn ich in diesem Jahr eines neu entdeckt habe, dann ist es meine Freude an wilden Tieren. Spatzen mit langen Schnäbeln (again, Darwin hätte sich gefreut), freche Jackrabbits und umhertorkselnde Truthahne huschten mir über den Weg…

  

Präriehunde streckten die Köpfe aus ihren langen Gang-Bauten und pfiffen mich böse an, als ich ihnen zu nahe kam…

  
  

Pronghorn-Gazellen tauchten aus dem hohen Steppengras auf…

  

Bighorn Sheep zogen vor dem dramatischen Backdrop der Badlands durch die Prärie…

  

Und schliesslich entdeckte ich ein paar Bisons, die im Abendlicht vor sich hingrasten und mich aus den Augenhöhlen ihrer mächtigen Schädel gleichgültig anstarrten…

  
  

Präriehunde und Bisons, sie beide brechen einen Wildlife-Rekord: die Badlands-Präriehunde sind die mit Abstand lautesten Wildtiere, denen ich in den USA begegnet bin; die Bisons die mit Abstand grössten (abgesehen von den Walen). Mein Wunsch ist es, dass der Bison in den kommenden Yellowstone-Tagen von einem sich aufbäumenden Grizzly vom „biggest wildlife animal“-Thron gestossen wird. On verra…

   

Wegen den sich zusammenbrauenden Tornados und den drohenden „flash floods“ im Badlands Nationalpark bin ich in die höher gelegenen Black Hills im südwestlichen Ende South Dakotas geflüchtet. Der Custer State Park, einer der grössten State Parks des Landes, bietet Iowa-Style Weidelandschaften, dramatische Fels-Spiralen, mehr als 1300 Bisons und spiegelglatte Bergseen. Knapp ausserhalb des Custer State Parks starren die „big four“-Präsidenten (Washington, Jefferson, Roosevelt und Lincoln) vom Mount Rushmore hinunter in die hügligen Weiten der Black Hills. Und etwas weiter nördlich kann man sich von den Gambling Halls und den Touristenshops der einstigen Goldgräber-Hochburgen Deadwood, Spearfish oder Sturgis (wo heutzutage jedes Jahr Millionen von Harley-Fans der Motorcycle Hall of Fame die Ehre erbieten) die Dollarscheine aus den Taschen ziehen lassen. South Dakota has it all!

  

Die „Illumination Show“ am Mount Rushmore liess ich mir nicht entgehen. Jeden Abend um 9 Uhr erstrahlen die vier steinernen Präsidenten in grellem Licht, und jeden Abend versammeln sich hunderte stolze Amerikaner im am Fusse des Felsens liegenden Amphitheater, um der Zeremonie mit Tränen in den Augen beizuwohnen. Als Einstimmung auf die ur-patriotische Feier wird einem der Film „Freedom: An American Legacy“ gezeigt: eine 20-minütige Selbstinszenierung, die einen glauben lässt, man sei tatsächlich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten (das in der traurig-realen Welt knapp 50 Millionen seiner Bürger mit „food stamps“ durchfüttern muss, weil sie sich ihr Essen schlicht nicht selber leisten können). Die darauf folgende Zeremonie für alle anwesenden Kriegsveteranen, bei der die Flagge auf Halbmast gesetzt und jedem Ex-Krieger ein Pin angesteckt werden sollte, musste wegen dem aufziehenden Sturm abgesagt werden. Das Blitzgewitter, das kurz darauf über den steinernen Mienen der „big four“ ausbrach, war beeindruckend, und irgendwie symbolträchtig…

   

South Dakota summed-up: es ist schön hier, sehr schön. Morgen ziehe ich dennoch weiter gen Westen Richtung Yellowstone. Drei Ziele habe ich mir für die Königin aller Nationalparks gesetzt: 1) den „Old Faithful“-Geysir ausbrechen sehen, 2) einen Bären vor die Linse kriegen 3) und einen Sonnenaufgang über den Rocky Mountains wach mitzuerleben. Wie ambitioniert diese Vorgaben sind, wird sich zeigen…

Macheds guet!

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